Im beginnenden 20. Jahrhundert wurden Patienten während Grippepandemien nicht nur erfolgreich osteopathisch behandelt, vielmehr zeigten sie auch deutlich geringere Sterblichkeitsraten im Vergleich zu Patienten, die medizinisch therapiert wurden. Mögliche Dysfunktionsmuster und die Behandlungsansätze der frühen Osteopathen werden im Beitrag dargestellt und diskutiert.
In the early 20th century, pandemic influenca patients were not only successfully treated with osteopathy, they also showed significantly lower mortality rates compared to those undergoing medical interventions. Possible dysfunction patterns and treatment approaches of early osteopaths are presen- ted and discussed in the article.
Grippepatienten, die während der Grippepandemie in den Vereinigten Staaten am Ende des Ersten Weltkriegs insbesondere im Zeitraum 1917–1918 osteopathisch behandelt wurden, zeigten eine geringere Sterblichkeitsrate von 0,25 % im Vergleich zum nationalen Durchschnitt von 6 % (und 10 % für Pneumoniepatienten verglichen mit 33–75 % für den nationalen Durchschnitt). Auch wenn die Zahlen, die kurz nach der Pandemie erhoben wurden, mit Vorsicht behandelt werden sollten, da ein zuverlässiger Erregernachweis nicht möglich war und die methodologischen Zugänge selbstverständlich den heutigen Vorgehensweisen nicht entsprechen, sind die Angaben beeindruckend.
Es liegen zahlreiche erfolgreiche Fallbeschreibungen zur Influenzapandemie vor (Andrews 1919, Black 1919, Bush 1919, Cosner 1919, Cozart 1919, Hammer 1919, Fetzer 1919, Grisso 1919, Linville 1919, McCole 1919, Moffett 1919, Peterson 1919, Riley 1919, Smith 1919, Ruddy 1918, Howes 1918) sowie Abhandlungen zu Grippe (Bland 1920) oder Lungenentzündung (Geeslin 1910). Fraser (1919) wies dabei darauf hin, nur leichte kurze Behandlungen zu geben, um den Patienten nicht zusätzlich zu erschöpfen.
Laut McConnell (1918) war es besonders wesentlich, schon früh beim ersten Anzeichen der Symptome – möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden – mehrfach zu behandeln. Diese Behandlungen waren in der Regel individualisiert und bestanden aus Techniken zur muskulären Entspannung und insbesondere Entspannung der kontrahierten tiefen Wirbelsäulenmuskulatur sowie Mobilisierung der Wirbelsäule und weiteren unterstützender Maßnahmen, beispielsweise auf genügende Wasserzufuhr zu achten.
Bei Grippeepidemien in den Jahren 1928–1929 und 1936–1937 wurden zudem Lymphpumpentechniken sowie besonders Techniken für die zervikale und obere Brustkorbregionen zu den oben genannten Techniken angewendet (Ward 1937). Zu den Wirkmechanismen gibt es bisher nur Spekulationen wie z. B. die Verringerung somatischen Inputs kontrahierter Muskeln, die das bereits überaktive sympathische Nervensystem weiter stimulieren und möglicherweise eine bereits bestehende sympathische Hyperreaktivität verstärkten könnten – mit über das Ziel hinausschießenden und möglicherweise tödlichen Immunreaktionen (Patterson 2005).
Im späteren Verlauf der Infektion könnte OMT zudem die Drainage des Lymphsystems und eine angemessene Immunantwort unterstützt haben (Patterson 2005). Aktuelle Studien von Hodge u. a. (s. u.) zeigen, wie Lymphpumptechniken eine starke Auswirkung auf das Lymphsystem haben können. Weitere Studien belegen außerdem den Erfolg von OMT bei anderen Infektionen wie z. B. Lungenentzündung (Noll et al. 2008, 2005).
Die Entwicklung der Bakteriologie und Immunologie wurde innerhalb der amerikanischen Osteopathie Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts kontrovers diskutiert. McConnell wie auch Littlejohn waren – im Gegensatz zu Still – der Meinung, dass Erreger die aktiven Ursachen für Krankheiten darstellen könnten, während die spinale Dislozierung oder das, was anschließend unter dem Begriff der spinalen Läsion verstanden wurde, die prädisponierende Ursache darstellen könnte (Gewitz 2004). Infolgedessen würde die osteopathische Behandlung bei Infektionskrankheiten die körperlichen Abwehrkräfte in die Lage versetzen, besser auf die krank machenden Mikroorganismen zu reagieren (Liem 2015, Littlejohn D 1898, 7, Littlejohn J 1898, McConnell 1899).
Die frühen Osteopathen haben infolgedessen Läsionen befundet und entsprechend dieser Befunde behandelt (Liem 2016, Liem 2017, Liem 2017). Dies beinhaltete insbesondere die Befundung abnormer Abweichungen des Knochens und Muskels, die bekannt dafür sind, Dysfunktionen in Körperorganen zu produzieren (Duffell 1939, 1943). Entsprechend dieser Konzepte sah die osteopathische Behandlung, je nach damaligem Kenntnisstand über die betroffenen Organe, ähnlich für verschiedene Infektionskrankheiten aus. Beispielsweise sollten nach Northup (laut Magoun 2004) Pneumonie und Influenza ähnlich behandelt werden. Unterschiede ergaben sich gegebenenfalls daraus, dass sich der Behandlungszugang auf die Strukturen ausrichtete, auf die die jeweiligen pathophysiologischen Erklärungen in Bezug auf die Symptome der jeweiligen Infektionskrankheiten zurückgeführt wurden. Dies waren damals im Allgemeinen größtenteils Wirbelsäulenstrukturen, aber auch andere Körperbereiche.
Ein Behandlungskonzept im eigentlichen Sinne ist in der Regel nicht von den damaligen Vorstellungen über die Ursache, die beschriebenen Dysfunktionen (beides in der Regel mechanisch) und die zu behandelnden Körperregionen zu trennen. Die Behandlung zielte, diesem Konzept folgend, vor allem darauf ab, Obstruktionen zu beheben, damit die Lebensflüssigkeiten in ihrem Fluss wieder frei agieren konnten.
Die frühen Osteopathen sahen die Beseitigung der Ursache an die Wiederherstellung der Beweglichkeit/Bewegung aller Gewebe gekoppelt, um eine freie Zirkulation aller Körperflüssigkeiten zu gewährleisten, damit die Selbstheilungskräfte des Körpers gegen Erreger bestmöglich wirken können. Auf der Basis der Vorgehensweisen früher Osteopathen wurden bereits Behandlungskonzepte vorgestellt, z. B. zur Behandlung von Lungenentzündung (Noll, Degenhardt, Fossum 2008), Scharlach (Liem 2011) und Keuchhusten (Liem 2019).
Die Behandlungskonzepte auf der Grundlage der oben beschriebenen Vorstellungen früher Osteopathen zu den Ursachen und Wirkmechanismen werden im Folgenden vorgestellt.
So sei beispielsweise laut Bland (1920) die Behandlung der Grippe auf zervikale und splanchnische Regionen, abdominale Muskeln und Extremitäten, Atlas, Axis und den Halsbereich ausgerichtet. In Anlehnung an Hazzard (1901) und Feidler (1906) entsprach die osteopathische Behandlung bei Infektionskrankheiten größtenteils der Behandlung bei Fieber, z. B. allgemeine Wirbelsäulenbehandlung, v. a. paraskapular, Strecken der Nackenmuskulatur (v. a. subokzipital unterhalb der Ohren und des Kiefers), zwischen Augenbrauen und Nase, Kiefer, Klavikulae, Rippen, tiefe Massage des Abdomens, Leber- und Milzbehandlung, Gaumendach und Tonsillen und die Gewährleistung von gutem Stuhlgang und regelmäßigem Wasserlassen.
Im Weiteren wurde eine konstitutionelle Behandlung (Hazzard 1901) durchgeführt, die darauf ausgerichtet war, Ausscheidungskanäle zu öffnen, Nieren, Harnleiter und Blase (Still 1910) sowie Schweißdrüsen (Hoefner 1904, Feidler 1906) und die Haut anzuregen. Ein Hauptaugenmerk lag darauf, „Barrieren“ im Körper zu beseitigen. Grundsätzlich haben die frühen Osteopathen dies durch eine Vielzahl von Behandlungsmodalitäten zu erreichen versucht, wie direkte, indirekte oder kombinierte Techniken, wobei Rhythmus, Amplitude und Kraft variiert wur- den. Dies mündete in verschiedenen Ansätzen wie Still-Techniken, Übertreibungstechniken etc. (Tab. 1).
Charakteristisch für Manipulationstechniken, die in der Behandlung akuter Infektionen eingesetzt wer- den, ist das Ziel Muskelrigidität zu reduzieren oder zu lösen. So hatte Denslow festgestellt, dass Muskeln bei akuten Infektionen rigide sein können, ohne verkrampft zu sein.
Die Muskeln können durch sehr geringe Stimuli, die im gesunden Patienten keine Reaktion hervorrufen würden, Krämpfe verursachen. Aus dieser Beobachtung folgt praktisch, dass in der Behandlung plötzliche oder schmerzhafte Kraftanwendungen zu vermeiden sind, da sie die vorhandene Problematik verstärken.
Im Allgemeinen ist es ratsam, den Patienten so zu behandeln, dass sowohl Therapeut als auch Patient eine bequeme Position haben. Die angewandten Kräfte sollten darauf ausgerichtet sein, alle stützenden Geweben und Gelenkoberflächen zu dehnen (Denslow JS, 1993). Das kann in Bauch-, in Rückenlage oder im Sitzen erfolgen. Beispielsweise kann im Sitzen der Schultergürtel umfasst und so Druck auf den Muskel ausgeübt und die beteiligten Gelenke durchgefedert werden. Die Finger werden nahe an, jedoch nicht auf den Dornfortsätzen platziert. Auf die Spinalmuskulatur wird unmittelbar Druck ausgeübt. Die Gelenkflächen werden dabei rhythmisch durchbewegt (Abb. 1).
Bei all diesen Techniken werden die Kräfte solange ausgeübt, bis Rigidität und Hyperreflexie spürbar nachlassen. Vor allem sollte die subokzipitale Region laut Untersuchungen von Purdy, Frank, Oliver (1996) sehr sanft behandelt werden.
Zusätzlich könnte durch myodurale Behandlung im subokzipitalen Bereich (Liem 2017) sowie durch Drücken sensibler Punkte in der Cochlea die Aktivität des spinalen Trigeminuskerns herunterreguliert werden. Auch eine sanfte Dehnung duraler Strukturen könnte möglicherweise – mittels Aktivierung von Ruffini-Körperchen – das sympathische System herunterregulieren (Liem 2014).
Murray (1925) empfiehlt die Behandlung der Nackenmuskeln, des Rückens und der gesamten Wirbelsäule: Entspannungstechnik für die Nackenmuskulatur in Rückenlage, Beugung und Dehnung des Halsgewebes, sanf- te Drucktechnik von der Stirn bis hinter die Ohren, paravertebrale Entspannung, Entspannung des Rückens in Bauchlage, Daumendrucktechnik auf beiden Seiten der Wirbelsäule in Bauchlage, Schulter- und Wirbelsäulenbehandlung im Sitzen.
In Abbildung 2–7 sind vom Autor modifizierte Handhaltungen abgebildet. Feidler empfiehlt die Behandlung der Nackenmuskulatur, des Rückens und der gesamten Wirbelsäule (Feidler 1906), z. B. indem diese sanft durchgefedert wird.
Klavikulae und Rippen
Die Klavikula sollte laut Still (1910) etwas nach anterior gebracht werden, mit dem Ziel, jegliche Kompression oder Reizung der Arterien und Nerven sowie des venösen und lymphatischen Drainage- und Regenerationssystems zu beseitigen (Abb. 8).
Die Rippenbehandlung ist insbesondere wesentlich, wenn die Atmungsorgane betroffen sind (Patton Hitner 1929, McFarland 1935). Sie soll laut Patton Hitner (1929) bei Pneumonie angewendet werden und eine Art Hauptbehandlung darstellen. Eine Hand liegt an den posterioren Rippenköpfen, die andere an den anterioren Rippen, die Rippen werden rhythmisch in ihrem Winkel durch alternierenden Druck von Hand zu Hand angeglichen.
Eine weitere Vorgehensweise kann laut Patton Hitner in Seitenlage durchgeführt werden. Dabei werden die Rippen in Seitenlage jeweils einzeln heruntergedrückt, während der Arm über dem Kopf mit der anderen Hand gedehnt wird. Dies soll für einen Moment gehalten werden, dann kann der Arm wieder gesenkt werden. Entsprechend soll auf diese Weise bei allen Rippen so verfahren werden. In Anlehnung an Feidler (1906) werden die I. Rippe nach inferior mobilisiert und die restlichen Rippen angehoben und anschließend nach inferior mobilisiert. In Abbildung 9 und 10 werden modifizierte Ausführungen der Rippentechniken gezeigt. Wichtig ist dabei, immer auch Mikrobewegungen intraossaler und viszeraler Strukturen (Lobi der Lunge, Pleura, Herz) zu folgen.
In einer weiteren Technik im Sitzen können rhythmische segmentale Flexions- und Extensionsbewegungen mit kombinierter Seitneigung und Rotation an den Rippen ausgeführt werden. Gleichzeitig werden die Rippenverbindungen sanft komprimiert oder dekomprimiert. Intraossäre Mikrobewegungen werden verfolgt, ebenso wie die zugrunde liegenden viszeralen Spannungen von Lungenlobi und Fissuren (Abb. 11).
Behandlung des Lymphsystems
Historische Berichte: Still 1902, 1910, Beitel 1910, McConnell 1917, Millard 1922, Purse 1936 u. v. m.
Die Behandlung erfolgt zum Teil durch Einwirkung auf den Blutkreislauf mittels Beeinflussung über die Nerven wie auch durch das Lymphsystem der Faszien (Still 1902). Beispielsweise sind Stauungen in jedem Lymphknoten des Gesichts, des Halses oder anderer Körperteile (Beitel 1910) und der Lymphfluss zum Rachen (Millard 1922) zu behandeln. Die Behandlung der Milz (s. u.) schien häufig durchgeführt worden zu sein.
Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass der effiziente Druck, um die Flüssigkeit vom Interstitium in das Lymphsystem zu drainieren, bei 60–80 mmHg liegt (Belgrado 2014). Schon eine gleichmäßige Bewegung der Haut soll laut Ikomi (1985) ausreichen, um den Fluss um das 20-Fache zu erhöhen. Hier können Ausstreichungen als Selbsttherapie sinnvoll erscheinen. Laut Purse (1936) soll bei Keuchhusten im Anschluss an eine 3- bis 5-minütige Mobilisation der HWS und Entspannung der Rückenmuskulatur eine 10-minütige lymphatische Pumpe durchgeführt werden. Insbesondere Lisa Hodge hat hier in den letzten Jahren viel geforscht und die lymphatische Pumptechnik (LPT) auf ihre Wirkung untersucht. Die Ergebnisse einer Studie von Hodge aus dem Jahr 2015 deuten darauf hin, dass 3 Anwendungen der LPT einen zusätzlichen Schutzmechanismus in Kombination mit Antibiotika und beglei- tend bei Lungenentzündung eingesetzt werden können. Auch Schander et al. (2013) konnte zeigen, dass mittels LPT wiederholt das Lymph- und Immunsystem verbessert werden kann. Dabei wurden an anästhesierten Hunden ab- dominale Kompressionen mit einer Frequenz von etwa 1× pro Sekunde für insgesamt 4 Minuten durchgeführt. Unter anderem wurde eine signifikante Erhöhung des Lymphflusses im Ductus thoracicus, der Leukozytenzahl, des Gesamtleukozytenflusses, von Interleukin-8 und Superoxid-Dismutase (ein wichtiges enzymatisches Antioxidans mit einem außergewöhnlich hohen Schutzpotenzial für Zellen) etc. festgestellt.
Abbildung 12 zeigt die Lymphpumpentechniken am Bauch, an den Füßen und am Sternum.
Der Pharynx sollte laut Millard (1922) und anderen drainiert werden. In Anlehnung an Millard (1922) ist dabei auch auf muskuläre Kontraktur und knöcherne Läsionen im Halsbereich, Zungenbein (Hyoid), Mandibula und Klavikula zu achten. Für die Drainage des Pharynx wird beispielsweise das Gewebe unterhalb des Unterkiefers und des M. sternocleidomastoideus manipuliert. Die Behandlung des Gaumendaches und der Mandeln wurde bei Feidler (1906) mittels sanfter intra- oraler Drainage des Munddaches und der Mandeln durchgeführt.
Laut Patton Hitner (1929) geht eine Stauung im Gewebe mit korrespondierender lymphatischer Störung einher. Behandelt werden solle z. B. bei Masern niemals über einem vergrößerten oder verhärteten Lymphknoten, sondern indem Efferenzen befreit wer- den, damit die Lymphe abdrainiert wird. Zusätzlich erscheine es sinnvoll, auch eine Drainage der tiefen zervikalen Lymphgefäße vorzunehmen. In Anlehnung an Belgrado (2014) kann dafür der Nacken alternierend in Kombination mit Seitneigung und Rotationsbewegungen rhythmisch komprimiert und dekomprimiert werden (Abb. 13).
Still (1910) und viele andere frühe Osteopathen empfehlen eine Behandlung des Halses und des Unterkiefers. Die Mandibulabehandlung sollte der Drainage wichtiger retromandibulärer lymphatischer und anderer Gefäßstrukturen dienen. So kann eine Hand zunächst unter den Nacken gelegt und mit kreisenden Bewegungen eine muskuläre Entspannung erreicht werden, um anschließend dann die Finger der anderen Hand posterior des Angulus mandibula aufzulegen und eine sanfte, leichte Distraktion des Kiefers und des Halses durchzuführen (Abb. 14). Nach Feidler (1906) sollte der Unterkiefer gegen Widerstand sanft geöffnet werden. Zudem rät er bei Keuchhusten, den Patienten zunächst auf dem Rücken liegend zu positionieren. Daraufhin sei das tiefe Gewebe unter dem Kiefer aufzudehnen und aufzuweichen. Es werde zum Kinn hingezogen, während auch das Hyoid wiederholt so weit wie möglich nach vorn bewegt wird. Dabei sei es hilfreich, die Seiten abwechselnd vorzuziehen.
Stärkung des Abwehrsystems und Entgiftung des Körpers
Historische Berichte: Willard 1927, Ulrich 1941, Steen 1951.
Eine Milzbehandlung wurde durchgeführt (z. B. Feidler 1906, Willard 1927, Patton Hitner 1929, Jones 1933, Castlio u. Ferris-Swift 1934, McFarland 1935). Nach Willard (1927) sollte die Milz und andere Regionen, die Antikörper produzieren, stimuliert werden.
Laut Castlio u. Ferris-Swift (1934) sollte das Gewebe, das die Milz von vorne und hinten bedeckt, abwechselnd bimanuell komprimiert und wieder gelöst werden. Die Kompression sollte langsam und vorsichtig erfolgen, die Entspannung abrupt. Die Behandlung solle 1,5–5 Minuten lang mit einer Frequenz von 20 Wiederholungen pro Minute durchgeführt werden. (Abb. 15).
Still (1910) und viele andere frühe Osteopathen empfehlen eine Behandlung des Halses und des Unterkiefers. Die Mandibulabehandlung sollte der Drainage wichtiger retromandibulärer lymphatischer und anderer Gefäßstrukturen dienen. So kann eine Hand zunächst unter den Nacken gelegt und mit kreisenden Bewegungen eine muskuläre Entspannung erreicht werden, um anschließend dann die Finger der anderen Hand posterior des Angulus mandibula aufzulegen und eine sanfte, leichte Distraktion des Kiefers und des Halses durchzuführen (Abb. 14). Nach Feidler (1906) sollte der Unterkiefer gegen Widerstand sanft geöffnet werden. Zudem rät er bei Keuchhusten, den Patienten zunächst auf dem Rücken liegend zu positionieren. Daraufhin sei das tiefe Gewebe unter dem Kiefer aufzudehnen und aufzuweichen. Es werde zum Kinn hingezogen, während auch das Hyoid wiederholt so weit wie möglich nach vorn bewegt wird. Dabei sei es hilfreich, die Seiten abwechselnd vorzuziehen.
Dabei haben Castlio u. Ferris-Swift einen Anstieg der Leukozyten bei verschiedenen Infektionskrankheiten gemessen. Osteopathische Manipulationen sollten – zusätzlich zu Ruhe und Ernährungsempfehlungen – zur Steigerung der natürlichen Abwehrkräfte und zur Überwindung körperlicher Funktionsstörungen eingesetzt werden (Ulrich 1941). Nach Duffell (1943) sollten mittels OMT Abwehrkräfte des Körpers stimulieren werden.
Endokrines System
Laut Tucker (1919) sollten bei Influenza die Nebennieren – mittels des 11. Brustwirbels – behandelt werden. Damit sollte die adrenerge Überstimulation des Körpers herunterreguliert werden. Bei Frauen empfahl Tucker die Behandlung der Hypophyse.
Blutkreislauf und Nervensystem
Osteopathen versuchten den Blutkreis- lauf und das Nervensystem zu verbessern (Reid 1924, Willard 1927, Duffell 1943, Steen 1951, Ulrich 1941, Hoefner 1904).
Innere Organe
Organe (z. B. Lunge, Abdomen, Milz, Leber) wurden lokal oder reflektorisch zu beeinflussen versucht. Reflektorisch wurde beispielsweise physischer Druck auf vasomotorische Zentren entlang der Wirbelsäule ausgeübt und spekuliert, auf diese Weise exzessive oder insuffiziente funktionelle Aktivität im Organ normalisieren zu können, unabhängig von der jeweiligen aktuellen Ursache (Hazzard 1901). Hazzard wie auch Littlejohn stellten die Hypothese auf, dass die spinalen Nerven in Verbindung mit den sympathischen Ganglien stünden, deren Funktion die vaskuläre Regulation in den Organen sei, und dass zudem die Nerven eine trophische Funktion zu Körpergeweben erfüllten und auch auf diese Weise möglicherweise die Organfunktion beeinträchtigen könnten.
Weitergehende therapeutische Maßnahmen
Historische Berichte: Gamble 1904, Tucker 1906, Feidler 1906, Wyckoff 1911, Slaughter 1912, Bingham 1923, Drinkall 1923, Reid 1924, Jones 1933, King 1947 u. v. m.
Als weitergehende therapeutische Maßnahmen wurden Diäten oder evtl. auch Nahrungsenthaltung, Sterilisations- und/oder Desinfektions-, Hygiene- und Quarantänemaßnahmen sowie, hydrotherapeutische Behandlungen durchgeführt und Angaben für Einläufe und/oder die Beachtung eines guten Stuhlgangs gemacht sowie Bettruhe angeraten. Beispielsweise erwähnt Jones (1933) neben dem großzügigen Trinken von Wasser die Abstinenz von fester Nahrung für 24 Stunden. Das Vorgehen glich demjenigen bei anderen Fiebern. Bei Fieber sollten kalte Kompressen, Eiskappe, Bad im lauwarmen Wasser angewendet werden. Bäder sollten die Zirkulation, die Atmung, den Stoffwechsel und die Ausleitung stimulieren. Für mögliche aktuelle Maßnahmen zur Prävention von viralen Erkrankungen und Unterstützung bei der Heilung viraler Erkrankungen siehe www.osteopathie-liem.de/praevention- viraler-erkrankungen/ oder www. facebook.com/osteopathie.liem (Zugriff 22.04.2020).
Liem T. OMT bei der Behandlung von Infektionskrankheiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Mit Anmerkungen aus aktuellen Forschungen und Behandlungsmodalitäten, Osteopathische Medizin 2020; 21 (2), 4-9.
OMT BEI DER BEHANDLUNG VON INFEKTIONSKRANKHEITEN ZU BEGINN DES 20. JAHRHUNDERTS: https://osteopathie-liem.de/blog/infektionskrankheiten-2/
OSTEOPATHIE UND INFEKTIONSKRANKHEITEN: https://osteopathie-liem.de/blog/infektionskrankheiten/
ARTIKEL IM STERN: NACH COVID-19: OSTEOPATHEN WOLLEN MIT NEUEM THERAPIEANSATZ RIECHSTÖRUNGEN LINDERN: https://osteopathie-liem.de/BLOG/RIECHSTOERUNGEN/
EIN REVIEW VON 2020 ZUR OSTEOPATHIE IN DER BEHANDLUNG VON COVID-19 PATIENTEN: https://osteopathie-liem.de/BLOG/OSTEOPATHIE-COVID-19-PATIENTEN/
PRÄVENTION VON VIRALEN ERKRANKUNGEN UND UNTERSTÜTZUNG BEI DER HEILUNG VIRALER ERKRANKUNGEN: https://osteopathie-liem.de/BLOG/PRAEVENTION-VIRALER-ERKRANKUNGEN/
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