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Geist-Körper-Interdependenz in der osteopathischen Behandlung

Der Kopf eines Mannes mit einem bunten Gehirn.
Geist-Körper-Interdependenz in der osteopathischen Behandlung

Torsten Liem, Patrick Van Den Heede, Geist-Körper-Interdependenz in der osteopathischen Behandlung, Osteopathische Medizin. 2021; 22 3: 28-32,
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1615907121000836

Zusammenfassung

In Dysfunktionen beeinträchtigen Störungen der physischen Anpassungsfähigkeit eines biologischen Systems die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Homöostase, z.B. im Falle von physikalischen, viralen, bakteriellen oder chemischen Belastungen. Die Bedeutung gestörter körperlicher Regulationen als mögliche Ursache für körperliche Symptome ist in der Osteopathie Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Die Rolle des Geistes als mögliche Ursache für körperliche Störungen ist in der Osteopathie hingegen weniger untersucht und nicht selten metaphysisch interpretiert. Im Folgenden wollen wir für die Behandlung wesentliche zu berücksichtigende Interaktionen in der Geist-Körper-Interdependenz diskutieren.

 

Schlüsselwörter

Körper-Geist-Interdependenz, Geist-Körper-Interdependenz, Dysfunktion, Behandlungsinteraktion, Körperkonzept, psychosomatische Osteopathie

 

Abstract

In dysfunctions, disturbances in the physical adaptability of a biological system impair the ability to maintain homeostasis, e.g. in case of physical, viral, bacterial or chemical loads. The importance of disturbed physical regulation as a possible cause of physical symptoms is the subject of many a debate in osteopathy. The role of the mind as a possible cause of bodily disorders, however, is less studied in osteopathy and often metaphysically interpreted. In this article, we want to discuss the interactions in mind-body interdependence that are essential for treatment.

 

Keywords

body-mind interdependencemind-body interdependence, dysfunction, treatment interaction, body concept, psychosomatic Osteopathy

 

Geistkonzept

Geist definieren wir als eine Interdependenz von Gedanken, Vorstellungen, Erwartungen, Erinnerungen etc. mit der physischen Quelle des bewussten Funktionierens, durch die sie ausgedrückt wird (z.B. der Körper als physiologische Einheit). Damit ist gemeint, dass wir den Geist als eine Funktion betrachten, die zwei verschiedene Eigenschaften oder Ausdrucksweisen aufweist: 

  • eine, in der der Geist von physischen Parametern abhängig ist, und 
  • eine, in der der Geist eine relativ unabhängige Qualität der Information erworben hat, die ihrerseits mit physikalischen Faktoren interferieren kann.

 

Information kann aus unserer Sicht sowohl als physikalische als auch als begriffliche, abstrakte Austauscheinheit begriffen werden, die sich in bestimmten Zeitskalen der Evolution mit Modalitäten der Form (Erscheinung) konstelliert und interferiert. Wir postulieren, dass diese Prozesse mit einem assoziierten, fluktuierenden Prozess des Bewusstseins in allen Arten von Formen und Evolutionen einhergeht, der gleichzeitig auch eine relative Autonomie aufzeigt. Die jeweilige therapeutische Kompetenz, die Interferenzen und Wechselwirkungen von Geist und Form unter Berücksichtigung ontogenetischer und organogenetischer Aspekte des – sowie phylogenetischer und evolutionärer Einflüsse im – jeweiligen Patienten bzw. der Patientin haben unserer Erfahrung nach Einfluss auf die im Hier und Jetzt einer Behandlungsinteraktion stattfindenden Prozesse.

 

Körperkonzept

 

Das Konzept des „Körpers“ oder der „Verkörperung“ verstehen wir als einen adaptiven Prozess zunehmender Komplexität, bei dem Informationen in die Materie integriert und diese integrierten Informationen einem evolutiven Wellenmuster der Anpassungsfähigkeit an eine sich ständig verändernde und integrative Verfeinerung der zunehmenden Komplexität aussetzt. Insbesondere die evolutive Gehirnentwicklung (als Körpersubstrat) tritt bei der Menschheitsentwicklung in den Vordergrund.

 

Dabei ist das Körperkonzept im Laufe der Menschheitsentwicklung selbst evolutiven Wandlungen unterworfen, z.B. von einem abstrakten Konstrukt hin zu einem zunehmend konkreten Körper, der bedeutungsvolle Erfahrungen ermöglicht, einhergehend mit zunehmender Integration der Wahrnehmung von sowohl Zuständen wie Prozessen, auch jenseits mechanistischer Sichtweisen, von Äußerlichem zum Innerlichen, von Zuständen zu Prozessen, von Analyse zum Holismus, von mechanischer isolierter Ganzheit zu einer Betrachtung systemischer interaktiver Kontextdynamik ([2], in Anlehnung an Levin u. Solomon 1990).

 

Körper-Geist-Beziehung

In Abhängigkeit von evolutionären und ontogenetischen Evidenzen sollten nach unserer Ansicht die Körper-Geist-Interaktion und die Geist-Körper-Interaktion als zwei aufeinander folgende Episoden ontogenetischer Differenzierung betrachtet werden.

 

Ontogenie bezeichnet die Entwicklung eines Einzelwesens, in Abgrenzung zum Begriff der Phylogenese. 

 

Körper-Geist-Medizin und Geist-Körper-Medizin erscheinen dementsprechend als zwei Facetten derselben Medaille, wobei deren Tiefe und Heilungspotenzial mit der Identifizierung, Differenzierung und Integration von „Bottom-up“- wie auch „Top-down“-Informationen und -Prozessen zunimmt.

In diesem Sinne scheint die Spezifität des Geistes mit einer spezifischen Transformation der implizierten Materie zusammenzuhängen, der Geist beginnt, quasi „personalisiert“ zu werden bzw. zu erscheinen, wenn er mit einer bestimmten Form von Materie verbunden ist. 

Für das Verständnis der Krankheitsentstehung und der osteopathischen Annäherung im Behandlungssetting sind für uns folgende Interaktionen bedeutsam: 

Wenn Energie und Materie sich gegenseitig beeinflussen, schaffen sie ein evolutives Muster der Raum-Zeit-Beziehung, das für diese bestimmte Form spezifisch ist. Der Geist kann als ein interaktiver Ausdruck zwischen diesen beiden Komponenten aufgefasst werden, der je nach Evolutionsstufe eine zunehmende Wahrscheinlichkeit von Bewusstsein und schließlich Bewusstheit schafft.

Insbesondere in der Behandlung von Menschen ist uns dabei wesentlich, dass der Verstand von spezifiziertem und spezialisiertem Bewusstsein ausgeht und Bewusstsein schafft sowie zu verändern in der Lage ist.

Als Endergebnis sehen wir die Entstehung eines sich ständig selbst erneuernden Verstandes, der beginnt, mit zunehmender relativer Autonomie sein eigenes Leben zu leben (ein „ursprünglicher“ informierter Teil, der nun beginnt, sich mit einer abstrahierenden Tendenz der Verstandeseinstellung zu verbinden, sich von körperlichen Einschränkungen relativiert und emanzipiert). Dieses neue Potenzial des Geistes hat auch die Fähigkeit – wenn auch immer in Abhängigkeit zu wechselwirkenden Dynamiken zur Körperlichkeit und zu Lebenskontexten –, die „Materie“ des Körpers zu beeinflussen und zu reorganisieren. 

 

Wir beobachten in unserer osteopathischen Behandlung, dass, wenn der Geist sich zunächst mittels wie auch in Wechselwirkung mit einer zunehmenden Komplexität des Körperlichen evoluiert, um an Tiefe und Bedeutung zuzunehmen und konkret und ausdrucksstark zu werden, er beginnt, den Körper über wechselnde Raum-Zeit-Einheiten des Bewusstseins und des Gewahrseins in den „subtilsten und feinsten Bestandteilen seiner Konstituenten“ zu informieren und zu transformieren.

Dementsprechend sehen wir die Ontologie des Geistes als eine Geschichte des Aufbaus und der Reifung des Geistes auf einer genetischen und epigenetischen Landschaft der Proto-Ontogenese des Körpers (präinformierte Ontogenie), während die Phänomenologie des Geistes als eine Geschichte der Verdichtung der Raum-Zeit in die feinsten Fraktale des Körperbewusstseins erscheint.

In diesem Sinne potenziert der Körperstoff zunächst die Reifung des Geistes, während später der Geiststoff den Körperstoff reorganisiert. 

 

In der Tat gibt es unserer Ansicht nach am Ende keine Trennung von Geist und Körper (Materie). Es gibt so etwas wie getrenntes Geist-Zeug und Körper-Zeug nicht, d.h. Informationsumbau ist nie nur Körper-bezogen, nie nur Geist-bezogen, sondern abhängig von Umgebungskontexten, in denen die Körper-Geist Einheit evoluiert.

 

Das bedeutet, dass jedes lebende System davon abhängt, wie es sich in Bezug zum jeweiligen Kontext entwickelt und entwickelt hat. Das bedeutet auch, dass die Möglichkeiten für transformatorische Prozesse in der Behandlung von einem gemeinsamen und kombinierten Muster der Interferenz und des Ausdrucks der Komponenten von Körper-Geist- und Geist-Körper-Interaktionen bestimmt wird, die einerseits auf die Vergangenheit rückgeführt werden können und sich andererseits auf die Wahrscheinlichkeit einer sich entwickelnden Zukunft beziehen.

 

Morphodynamik in der Osteopathie

Einerseits ist Evolution ein Prozess der Selbsttranszendenz, der über das Bestehende hinausführt [1], wobei jede neue Emergenz ihre Vorläufer transzendiert und inkorporiert und dabei das Niedrigere die Möglichkeiten des Höheren setzt und das Höhere die Wahrscheinlichkeiten des Niedrigeren setzt und jede weitere evolutionäre Stufe größere Tiefe erzeugt. Andererseits existiert in seiner Form als (relativ) autonomes Ganzes ein definiertes Telos dieses Ganzen. In seiner Eigenschaft als Teil einer anderen Ganzheit wird es jedoch von einem Telos außerhalb ihrer selbst beeinflusst. So üben Attraktoren quasi Muster erhöhter Wahrscheinlichkeit und als prägende Züge gewissermaßen eine Art Antrieb für die Entwicklung aus bzw. eine Art Zug, der die Entwicklung in eine bestimmte Richtung „zieht“. 

Eine aufsteigende Kausalität zunehmender Komplexität der materiellen Welt geht mit einer gleichermaßen absteigenden Kausalität von Bewusstsein einher. Beide sind Ausdruck einer ständig wechselnden Information, die gleichzeitig als Impulsgeber für diese auf- und absteigenden Kausalitäten wirkt. 

In diesem Sinne hat sich Geist ein sehr ausgewähltes Gewebe (Ektoderm) „ausgesucht“, auf dem er sein geistiges Zeug erschaffen kann. Embryologisch wurde das Gehirn quasi auf zwei anderen Geweben (Entoderm und Mesoderm) aufgebaut, um seine endgültige Form und Funktion darzustellen. In dieser Hinsicht wirkt das Gehirn als eine Art Transformator von Körpergewebe in Geistgewebe. Es wurde durch eine „Evidenz“ der Afferenz geschaffen und konstruiert. Mehrere Bahnen der Afferenz wurden während seiner Ontogenese aufgebaut und setzen dies bis zur vollständigen Reifung fort. Die neurologischen Bahnen scheinen die offensichtlichsten zu sein, aber die vaskulären Bahnen beispielsweise sind mindestens genauso informativ, wenn nicht anfangs noch wesentlicher.

 

Während der neurologischen Reifung (bis zu den ersten 22 Lebensjahren) wird ein synergistisches Störfeld mit dem reifenden immunologischen Feld (bis zum 10. Lebensjahr) aufgebaut. So ist es auch nicht überraschend, dass die Neurologie und das Immunsystem bei der Unterscheidung zwischen Selbst und Nicht-Selbst funktionell zusammenhängen. 

Dabei weist Evolution eine Richtung auf, die durch zunehmende Differenzierung, Vielgestaltigkeit, Komplexität und Organisation gekennzeichnet ist [2]. Dies zeigt sich beispielsweise darin, wie alle die eben genannten Informationen zunächst in geordneten und untergeordneten Hirnarealen gestapelt und später nach und nach komplexer kombiniert werden und äußert sich u.a. in einer zunehmenden Verinnerlichung von Außerweltlichem sowie der Inhibierung und Relativierung älterer von jüngeren Hirnstrukturen, wie z.B. des limbischen Systems durch den präfrontalem Cortex oder des Hirnstamms durch das Mittelgehirn. Zu berücksichtigen sind dabei außerdem regulative oder dysfunktionelle Einflüsse sozialer Systeme, Normen, Regeln und Kultur auf präfrontale Aktivitäten und Funktionen, die zunehmend differenziert untersucht werden können (was in der Entstehungszeit der Osteopathie noch nicht möglich war).

Neuronale Netze werden selbst kombiniert und bilden Netzwerke über Netzwerke, bis sich ein enaktives Gehirn bildet. Damit ist gemeint, dass Gehirn, Körper und Kontext (Umwelt) sich in dynamischer Wechselwirkung zueinander bilden und miteinander in ständigem Bezug stehen und nur aus diesem zu verstehen sind. Schließlich ist die neuronale Aktivität so komplex verdrahtet, dass ihre Aktivität eine subtile Feldkohärenz von Frequenzwellen erzeugt, die in der Lage ist, Bilder von Repräsentationen des Geistes zu schaffen. Der Geist entsteht auf der Grundlage einer Frequenzkohärenz, die ihrerseits von einer subtilen elektrischen und elektromagnetischen Hirnfeldorganisation abhängig ist.

So ist die Hirnfeldorganisation unserer Ansicht durch verschiedene Eigenschaften gekennzeichnet: 

  • Sie organisiert ein Gedächtnisfeld.
  • Sie schafft progressiv ein Gedächtnis des „Selbst“.
  • Sie schafft die Möglichkeit oder Probabilität eines freien Willens.
  • Sie beginnt, die „Absicht“ zu kontrollieren, die zur kognitiven Kompetenz der Erstellung von Probabilitäten über die Welt führt.

 

Das Gehirn hat sich in verschiedenen Ebenen der Funktionalität entwickelt. Wir unterscheiden

  • ein Überlebensgehirn,
  • ein emotionales Gehirn und
  • ein kognitives Gehirn.

Der Nettoausdruck des „freien Willens“ ist wahrscheinlich eine subtile Kombination dieser drei Eigenschaften. 

Manchmal wird die Intention stärker von unbewussten Antrieben geladen als von bewussten, obwohl wir den Eindruck haben, dass unsere Interaktion im bewussten Feld abläuft. Intention scheint eine „Gedankenbewegung“ zu sein, die auf einer subtilen Kombination von unbewussten Antrieben beruht, die sich mit dem bewussten Feld der tatsächlichen Interaktion auf eine Spur bringen.

In diesem Sinne sind das neurokognitive Gehirn und seine funktionelle Organisation von einer Vielzahl von Einflüssen abhängig.

Das Frontalhirnfeld der Intention und Entscheidungsfindung wird ständig vom limbischen, integrativen Hirnfeld informiert, während es diese gleichzeitig zu relativieren und inhibieren in der Lage ist. Dieses Feld interferiert wechselseitig mit allen Konvergenzzonen, die über und in den Hirnoberflächen verstreut sind, und mit allen sensorischen, sensomotorischen und interozeptiven Inputs, die in das limbische System eingehen.

 

Es gilt dabei aus unserer Sicht insbesondere therapeutisch zu beachten, dass länger bestehende Muster – seien es gewebige, psychische, neuroendokrine, metabole, immunitäre oder Haltungs- und Verhaltensmuster – zu neuen Stabilitäten und Dysfunktionen werden, die sich nicht einfach auflösen, nur weil die Bedingungen für deren Entstehen verschwunden sind! Es bedarf spezifischer Strategien zu deren Auflösung. 

 

 

Grenzerfahrungen als Trigger für Geist-Körper-Desynchronisierungen

Herausforderungen und Stress und andere Grenzerfahrungen im Leben können einerseits Wachstum ermöglichen, indem wir neue Kompetenzen erwerben, neue Verschaltungen im Gehirn sich bilden und neue Sichtweisen sich entwickeln. Es kann jedoch vorkommen, dass Herausforderungen zu schnell, intensiv oder komplex sind und uns überfordern und wir nicht in der Lage sind, darauf angemessen zu reagieren, sondern im Gegenteil, das Erleben möglicherweise von Kontrollverlust, Hilf- und Hoffnungslosigkeit geprägt ist und nachhaltige Auswirkungen in der Geist-Köper-Interdependenz hinterlassen. 

 

Geist-Körper-Einfluss in der Behandlung

Es ist wichtig zu beachten, dass der freie Wille und die Absicht von unterbewussten Bewusstseinsebenen „gesteuert“ werden. Der Teil, der als freier Wille definiert werden könnte, ist der scheinbar bewusste Teil der Absicht, den man quasi als vom „Selbst“ organisiert interpretiert. 

Die gleiche Überlegung kann man auch über das „Denken“ anstellen. Wenn man weiß, dass der Teil, den man während eines Denkvorgangs denkt, nur der „sichtbare“ Teil des kompletten Gedankens ist, der bereits eine halbe Sekunde früher begonnen hat, dann sollte man die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass zumindest Teile eines Gedankens auf einer unbewussten oder vorbewussten Ebene stattfinden.

Dies sieht zwei Möglichkeiten vor:

  • Der unbewusste Teil eines Gedankenprozesses hängt mit der Organisation des Körperfeldes und seiner nachfolgenden afferenten Tonalität zusammen (z.B. das, was die endgültige Kohärenz bestimmter Hirnareale organisiert). Wiederholt gemachte Erfahrungen, familiäre Sozialisationen und Bindungsmuster, soziokulturell geprägte Interpretationen, prä-, peri- und postnatale Erfahrungen, inwieweit wir im Leben mit positivem, tolerablem oder toxischen Stress konfrontiert wurden, neuroendokrine und neurovegetative Stressachsen etc. beeinflussen diese unbewussten Prozesse.
  • Der bewusste Teil des Denkens interagiert aktiv mit der Körperfeldorganisation, teilweise durch die unbewussten Antriebe, die sich hinter „freiem Willen“ und „Absicht“ verbergen.

 

 

Es ist nun klar, dass das „Denken“ nicht so frei ist, wie man vielleicht „denken“ würde. Dies hat allerdings den Vorteil der Energie- und Ressourcenersparnis, indem nicht jede Erfahrung mittels komplexen Reflektierens analysiert werden muss.

 

Der Verstandesprozess besitzt unserer Ansicht nach zwei Möglichkeiten, das Körpergeschehen zu beeinflussen.

  • Erstens, indem der Körper aktiv am Verstandesprozess teilnimmt, indem er die unterstützenden Hinweise für alle kognitiven und physiologischen Ebenen anbietet, die für einen scharfen Ausdruck des „freien Willens“ des Verstandes notwendig sind.
  • Zweitens der unterbewusste Unterstrom – inkl. der Informationsspeicherung durch das zelluläre System, das u.a. als Tensegrity-Struktur fungiert –, durch den unbewusste Teile des Denkens das vegetative und neuroendokrine Gleichgewicht des Körpers beeinflussen.

 

Gerade diese Beeinflussung ist es, die das Gleichgewicht des Körpers und seine homöostatische Anpassungsfähigkeit beeinträchtigt. 

 

In diesem Sinne gehen somato-energetisch-psychische Dysfunktionen mit physiologischen Veränderungen, energetischen Erscheinungen, körperlichem Erleben inkl. neurovegetativen Zeichen sowie emotionalen Regungen und mentalen Deutungen einher. So kann beispielsweise emotionaler Stress in der Kindheit, insbesondere in der frühen Kindheit (beispielsweise in Form von Missbrauch, Vernachlässigung, Verletzung oder grenzverletzenden Ereignissen), zu bestimmten Strategien führen, wodurch Loyalitätsgesetze zur Anwendung kommen, um das Überleben sicherzustellen und die unbedingte Liebe der Eltern weiterhin empfangen zu können, wobei gleichzeitig Körperbedürfnisse untergeordnet werden (= Überleben auf Kosten relativer Geist-Körper-Synchronisierung).

 

Klinisch relevante Konklusion

Das eigene innere Gewahrsein, gekoppelt mit der Fähigkeit der Koregulation („co-regulation“), ist aufs Engste mit der Wahrnehmung, dem Verstehen, der Auseinandersetzung, dem Akzeptieren und dem Integrieren dieser Bewusstseinsinhalte, Erlebnisse und somato-energetisch-psychischen Dysfunktionsmuster verknüpft, ebenso wie mit der Kompetenz, Patient*innen in Ansätzen der psychosomatischen Osteopathie zu unterstützen. Dies umfasst die Wahrnehmung multipler dynamischer Wechselwirkungen von Gewebemustern, Körperempfindungen, neurovegetativer Erregung, endokrinem, metabolem und immunitärem Wirken, Emotionen, Mentalisierungen und Glaubensmustern im konkreten Alltag unserer zahlreichen Lebensbezüge [3]. So könnte mittels osteopathischer Behandlung ein Gleichgewichtszustand, eine Lösung der gebundenen Kräfte in somato-energetischen-psychischen Spannungsmustern begünstigt werden, indem es dem „Geist-Körper-Zeug“ ermöglicht wird, seine Beziehung zueinander zu klären [3].

 

Indem die mit der Dysfunktion assoziierten Aspekte, Kräfte und Erlebniswelten auf gewisse Arten und Weisen quasi „eingeladen“ werden – die vorher ein von der Ganzheit relativ getrenntes Eigenleben geführt haben bzw. unberücksichtigt, unterdrückt, verdrängt oder nur fragmentiert und unvollständig integriert wurden –, kann ein osteopathischer Zugang genutzt werden, um tiefere Resonanz- und Heilungsräume entstehen zu lassen.

 

Wenn sich das dysfunktionelle Muster in einer zeitlich und räumlich begrenzten Geist-Körper-Interaktion im Patienten und in der Patientin ändert, kann sich das Verhältnis des Ganzen sowie die Kontextdynamiken verändern. Das wiederum kann potenziell zu weiteren Änderungen im Organismus führen. Dieser Prozess beginnt während der therapeutischen Interaktion, findet aber vor allem auch nach der Konsultation, im behandlungsfreien Intervall statt.

Zusatzinfos

V.d. Heede, P: The emotional landscape in the osteopathic field. (voraussichtlich Anfang 2022)

Liem T. Psychosomatische Osteopathie. München: Elsevier; im Druck (voraussichtlich Anfang 2022)

Kursreihe: Psychosomatische Osteopathie:

Basic 1: 29.04.-01.05.2022, Basic 2: 24.06.-26.06.2022 an der OSD in Hamburg

Psychosomatische Osteopathie, advanced: 15.-18.09.2022 an der OSD in Hamburg

Literatur

  1. Jantsch E. Die Selbstorganisation des Universums. München: Hanser; 1992
  2. Liem T. Paradigms of healing. In: Liem T. Van den Heede P (eds) Foundations of morphodynamics in osteopathy: an integrative approach to cranium, nervous system, and emotions; 1. Aufl.Pencaitland: Handspring Publishing Limited; 2017
  3. Liem T. Psychosomatische Osteopathie. München: Elsevier; im Druck (voraussichtlich Anfang 2022)

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