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MASERN
Hochinfektiöse Viruserkrankung, endemisch in der ganzen Welt. Von Masern sind in besonders „bereiten“ Bevölkerungen katastrophale Verläufe beschrieben (z.B. 9), so sind die Masern auch wesentlich verantwortlich gewesen für die fast komplette Ausrottung der Indianer. Epidemischer Verlauf in 2-4 jährigem Abstand. Das Virus überlebt nur im Menschen.
Inkubationszeit: 10-12 Tage. Danach kommt ein unspezifisches Prodromalstadium mit trockenem Husten, mäßigem Fieber, Schnupfen und Augenentzündung (Konjunktivitis). In dieser unklaren Phase besteht die höchste Ansteckungsgefahr. Danach Verfärbung der Schleimhaut (Enanthem) und weiße Flecken, wie Kalkspritzer, im Mund (Koplick-Flecken). Daraufhin rasches, sehr hohes Auffiebern und typischer dunkelroter, grobfleckiger Ausschlag, beginnend hinter den Ohren und im Gesicht, auf den ganzen Körper übergreifend. Jetzt erscheint das Kind für ca. 2-3 Tage schwer krank, danach relativ rasches Entfiebern. Häufig Einblutungen in den Ausschlag, ebenfalls häufig ist Bauchweh und Durchfall durch die Schwellung der Lymphknoten im Bauch.
Komplikationen bei Masern sind relativ häufig: Mittelohrentzündung, Lungenentzündung und Hirnentzündung sind am häufigsten, wobei die Masernlungenentzündung bei älteren Kindern und vor allem Erwachsenen einen sehr schweren Verlauf nehmen kann. Die Hirnentzündung (Masernezephalitis) als gefürchtetste Komplikation wird mit etwa 1/1000 (10), bzw. 0,5/1000 (11 und 12), angegeben. Etwas genauer heißt es (16) zwischen 1:1000 bei älteren Kindern und 1:15000 bei jüngeren Kindern. Etwa jedes dritte Kind mit dieser Hirnentzündung behält bleibende Schäden. Sie tritt etwa am dritten bis fünften Tag nach Beginn des Ausschlages auf. Bei diesen statistischen Zahlen ist es wichtig zu wissen, dass sie Zahlen aller Masernerkrankten darstellen, unabhängig vom Alter der Erkrankten. Das Alter aber ist bei vielen sog. Kinderkrankheiten entscheidend für die Komplikationshäufig- keit! (16). So sind bei Masern schwere Komplikationen sehr häufig, wenn das Kind sich im ersten Lebensjahr ansteckt und dann wieder ab dem beginnenden Schulalter. Besonders die Enzephalitis ist in diesen beiden Altersgruppen häufig. Als Ursache für die Enzephalitis werden nicht das Virus sondern die fehlgeleiteten Abwehr- vorgänge angesehen (16), ein Problem, dem wir auch bei Komplikationen anderer Krankheiten gegenüberstehen. Auch die bösartige Verlaufsform der Lungenentzündung (Bronchiolitis) ist in den ersten Lebensjahren extrem selten, im Erwachsenenalter aber sehr häufig (ca. 4/1000 Erkrankte) (alle Angaben entnommen 12 und 16).
Durch die Impfung ist seit 1960 eine deutliche Verschiebung der Masernerkrankung in das höhere Alter zu beobachten, die Kinder sind heute meistens im Schulalter. Die beobachtete Zunahme der Masernkomplikationen ist zu einem guten Teil allein dadurch zu erklären. Schwer können Masernepidemien im Jugendlichen- und Erwachsenenalter sein, gerade in komplett geimpften Populationen wird über solche Ausbrüche immer wieder berichtet. (6/13/17). Bisher sind solche Ausbrüche bei Geimpften in Deutschland nicht beobachtet, da unsere Impfdisziplin recht gering ist, so dass Geimpfte eigentlich immer irgendwann Kontakt mit Wildmasern haben durch Nichtgeimpfte, Erkrankte, und dadurch ihren Impfschutz auffrischen (boostern).
Eine seltene Komplikation ist die subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), eine schleichend verlaufende Entzündung des gesamten Gehirns, die innerhalb von Jahren zur kompletten Zerstörung des Gehirns führt. Diese SSPE ist, mit einer Ausnahme (s.u.) extrem selten (1:1 Mio. Erkrankter). Das Masernvirus oder das Masern- impfvirus nistet sich bei dieser Komplikation wahrscheinlich im Gehirn ein, wird durch die Immunabwehr nicht bekämpft, und führt zur langsamen Zerstörung. D.h. für die SSPE ist nicht das Virus, sondern die spezielle Ab- wehrsituation des Menschen verantwortlich (Prädisposition).
Ein relativ neues Problem ist der nicht vorhandene Nestschutz Neugeborener und Kinder im ersten Lebensjahr: durch die Impfung der Mütter haben diese Masern nicht mehr als Kinder durchlebt und geben jetzt ihren Neugeborenen keinen Nestschutz mit. Diese können ab der Geburt an Masern erkranken, mit leider oft katastropha- len Komplikationen. So ist in dieser Altersgruppe die SSPE (s.o.) mit ca. 1:2000 erschreckend häufig (98).
Die letzte wichtige Komplikation nach Masern soll noch erwähnt werden: wie nach allen anderen schweren Krankheiten (Scharlach, Windpocken, etc.). bleibt nach Masern für 6 Wochen eine ausgeprägte Abwehrschwäche, d.h., das Kind ist sehr infektanfällig für diese Zeit.
Bei Kinderkrankheiten ist die Beobachtung, dass es Phasen gibt, in denen die Krankheit bösartiger verläuft, nichts ungewöhnliches, so war noch in den 60iger-Jahren der Scharlach wegen seiner tödlichen Komplikationen gefürchtet- trotz Antibiotika- und ist heute sehr harmlos (82) (Todesfälle gibt es zur Zeit nicht!).Die Keime ändern sich, oft auch die Lebensumstände der Menschen, so dass Krankheitsverläufe sich wandeln.
Die o.g Daten sind von den Anthroposophischen Ärzten zusammengetragen, von Ärzten, die der Masernimpfung eigentlich kritisch gegenüber stehen. Auch für uns ist damit die Ablehnung der Masernimpfung, die auf der Tatsache, dass sie Asthma und Allergien eindeutig verstärken kann, basiert, neu hinterfragt worden.
Bevor auf die Frage der Masernimpfung eingegangen werden soll, noch kurz etwas zur Therapie: Ruhe und Abgeschiedenheit in der akuten Phase sind Grundvoraussetzungen bei Masern für einen möglichst komplikationsfreien Verlauf. Auch nach Entfiebern müssen die Kinder noch ca. 10-14 Tage geschont werden, ein frühzeitiger Kindergartenbesuch, oder die gebuchte Karibikreise verbieten sich in dieser Zeit. Gerade diese einfachen Maßnahmen sind jedoch für die meisten Eltern heute „unzumutbare Härten“, so dass eine Masernerkrankung eigentlich nicht vertretbar erscheint. Also muss bei der Entscheidung gegen die Masernimpfung klar sein: das Kind ist für ca. 4 Wochen krank und entsprechende Pflege und Ruhe müssen ermöglicht werden!
Zur Masernimpfung: Hier ist das Abwägen sicherlich am allerschwierigsten. Es handelt sich um eine schwere, komplikationsträchtige Krankheit, aber auch um eine der problematischsten Impfungen! Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre sollte eine Masernimpfung aber eher durchgeführt werden!
Wenn ein Impfstoff recht sicher als Auslöser von Autoimmunerkrankungen und Allergien bekannt ist, dann der Masernimpfstoff. Der Zusammenhang von Masernimpfung und Asthma, sowie Colitis ulcerosa wurde schon erwähnt (2, 3,4 und 60). Diese Arbeiten werden z.T. sehr kontrovers diskutiert, trotzdem sind sie nicht einfach vom Tisch zu wischen. Auch der Masernimpfstoff kann Enzephalitis hervorrufen (12 ), über die Häufigkeit besteht in der Literatur keine Einigkeit, sicherlich aber ist die Enzephalitis nach Impfung seltener als nach Infektion im höheren Schulalter. 3-5% der Geimpften bekommen nach ca. 5-8 Tagen die „Impfmasern“, eine abgeschwächte Form der Masernerkrankung.
Lange Zeit wurde in impfkritischen Kreisen diskutiert, ob Impfungen mitverantwortlich für das autistische Syndrom sein können. Kinder mit autistischem Syndrom nehmen fast keinen Kontakt zu ihrer Umwelt auf, sind unruhig und deutlich in der Sprachentwicklung verzögert. 1999 wurde in der angesehenen Zeitschrift „The Lancet“ diese Frage aufgeworfen, da entsprechende Beobachtungen bei Kindern nach Masern-Mumps-Röteln- Impfung gemacht wurden (85) Der Autor dieser Studie musste im Verlauf gestehen, alle Daten gefälscht zu haben, ein Zusammenhang zwischen Masernimpfung und Autismus besteht nicht. Diese Fälschung hat den impfkritischen Ärztinnen und Ärzten erheblichen Schaden zugefügt! Und, leider kursiert diese Studie immer noch an vielen Stellen unwiderrufen im Internet!
Interessant im Zusammenhang mit der Masernimpfung ist eine große Untersuchung aus Schweden. Es wurden 12 jährige Schülerinnen und Schüler von Waldorfschulen mit denen staatlicher Schulen verglichen, hinsichtlich der Häufigkeit von allergischen Erkrankungen (Heuschnupfen, Asthma). Die sehr gute Arbeit ergab, dass die Waldorfschüler eindeutig weniger allergische Erkrankungen haben. Drei Faktoren unterschieden die zwei Gruppen am eindeutigsten; in der Waldorfschulgruppe waren fast 90 % aller Kinder nicht gegen Masern geimpft, und die meisten hatten Masern als Krankheit durchgemacht, in der Staatschulgruppe waren fast 90 % geimpft. In der Waldorfschulgruppe hatte die überwiegende Mehrheit bis zu ihrem 12 Geburtstag kein Antibiotikum nehmen müsse, in der Gegengruppe fast alle mehrmals. Letzter Unterschied bezog sich auf die Ernährung. (56). In einer großen, internationalen Studie (97) konnten die Beobachtungen in Schweden in fast allen westlichen Ländern bestätigt werden. Diese Arbeit soll nun zum Anlass genommen werden, den Einfluss der Masernimpfung und Erkrankung und den der Antibiotikagabe im Kindesalter auf die Entwicklung der Allergien (Heuschnupfen und Asthma) genauer zu untersuchen. (57).
Ein Problem, das oft vergessen wird: Die Impfung schützt nicht lebenslang, Erkrankungen im Erwachsenenalter aber verlaufen schwer (6, z.B.). Wenn Impfung, muss an eine regelmäßige Wiederimpfung unbedingt gedacht werden. Heute (2016) empfiehlt die STIKO alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind, ein Mal gegen Masern neu zu impfen! Das weiss fast niemand (und geht das Risiko ein, evt mit 50 an Masern zu sterben) Ein weiteres Problem: Säuglinge von Müttern, die Masern hatten, sind durch den sog. Nestschutz geschützt, nach Impfung aber besteht kein Nestschutz. Wie neuere Beobachtungen zeigen, verlaufen Masern bei Neugeborenen offensichtlich langfristig häufig katastrophal (98) Schließlich ist die Masernimpfung, wie schon gesagt, der Hauptgrund für die Verschiebung der Erkrankung in das spätere Schulalter und damit für die Zunahme der Komplikationen, d.h. schon jetzt lebt die Bevölkerung mit einer ungenannten Komplikation der Impfung.
Beide Probleme wären zu lösen, wenn eine fast 100%ige Durchimpfung erreicht werden könnte, denn dann wäre das Masernvirus ausgerottet. Eine solche 100%ige Durchimpfung ist das Ziel der WHO bis zum Jahr 2000 gewesen, in vielen Ländern wurde sie nicht erreicht und ist ohne massive Zwangsmaßnahmen nicht durchsetzbar. Aktuell wird von der WHO versucht die Ausrottung der Masern bis in naher Zukunft zu erreichen. Ob solche Zwangsmaßnahmen in einer Demokratie möglich und wünschenswert sind, wage ich zu bezweifeln.
Ein relativ beunruhigender Aspekt im Rahmen der Diskussion um die Ausrottung der Masern ist die Beobachtung von Damien in Luxemburg und Sonoda in Japan, dass in einer durchgeimpften Bevölkerungsgruppe im Blut Masernviren vom Wildtyp, also nicht Impfviren, gefunden wurden. D.h. auch in einer geimpften Bevölke- rung können Masernviren überleben, sind also nicht ausrottbar. Ob diese Menschen andere anstecken können ist völlig unklar. (14/15)
Zur Zeit ist deutlich, dass die Bösartigkeit der Masernverläufe, vor allem im Säuglingsalter, zugenommen hat. Die Verläufe sind in allen Altersgruppen unberechenbar geworden, so dass, aus meiner Sicht, die frühe Impfung gegen Masern empfohlen werden muss! Bitte denken Sie auch an die o.g. Auffrischimpfung von sich als Eltern!
DIPHTHERIE
Die Diphtherie ist in Westeuropa ein sehr seltene Erkrankung geworden, dank der hohen Impfdisziplin. Überträger sind Menschen, die das Bakterium im Rachen tragen, wobei es klinisch gesunde Überträger gibt! Die Inkubationszeit beträgt Stunden bis einige Tage, dann kommt es durch das Gift der Bakterien (Corynnebacterium diphtheriae) entweder zu einer schmierigen Hautinfektion, z.B. bei Neugeborenen um den Nabel (Nabeldiphtherie), vor allem in Afrika häufig, oder zu einer rasch verlaufenden Halsentzündung mit rascher Verschwellung der Mandeln, bis hin zum Zuschwellen der Atemwege. Dabei besteht hohes Fieber. Wegen des sehr akuten Verlaufes ist rasches Handeln geboten. Häufig wird dies verhindert dadurch, dass zu spät an diese Erkrankung gedacht wird. Das Zuschwellen der Atemwege erfordert oft eine Beatmung, die dazu notwendige Intubation (Legen eines Schlauches in die Luftröhre) ist für nicht Geübte extrem schwierig. Nach Diagnosestellung muss sofort ein Antitoxin (Gegengift) gespritzt werden, um den Krankheitsprozeß zu stoppen. Aktuell ist das Gegengift, das aus dem Serum von infizierten Pferden gewonnen wurde, nicht mehr verfügbar, d.h. es besteht keine schulmedizinische Therapie. Auch dann kommt es recht häufig zu einer Beteiligung des Herzmuskels, die die wichtigste Ursache für bleibende Schäden oder den Tod bei Diphtherie ist. Nach überstandener Diphtherie bleibt nicht selten eine Gaumensegel- oder Zwerchfell-Lähmung zurück.
In Europa und den USA werden seit den 70iger Jahren nur noch vereinzelte Diphtherie-Fälle beschrieben. Bis in die 90iger Jahre galt das auch für die UDSSR und deren Nachfolgestaaten. Seither ist dort, durch den Zusammenbruch des Impfsystems eine bisher nicht beherrschte Epidemie ausgebrochen (auch durch Anwendung eines falschen Impfstoffes, dem für die Auffrischung Erwachsener (67), allein 1990 wurden der WHO 47000 Erkrankungsfälle und 1700 Todesfälle gemeldet (von einer dreifachen Dunkelziffer muss ausgegangen werden) (zitiert nach 10). Auch für die Diphtherie wurde die komplette Ausrottung bis zum Jahr 2000 angestrebt, zunächst nur in den USA (10). Dies erscheint möglich, da nur der Mensch Reservoire für den Erreger ist. Der Verlauf in der ehemaligen UDSSR zeigt jedoch, wie unsicher solche Vorgaben unter instabilen politischen Bedingungen sein können, denn durch die zentralistische Zwangsimpfung in den Jahrzehnten vorher galt die Diphtherie dort als ausgerottet. Weitere aktuelle Beispiele sind die „gescheiterten Staaten“ in Arabien.
Die Impfung gegen Diphtherie ist eine der ältesten Impfungen. D.h. es gibt eine sehr lange Erfahrung damit, die zeigt, dass wesentliche Nebenwirkungen der Impfung sehr selten sind. Der Impfstoff ist ein Totimpfstoff aus dem Gift der Bakterien, was die geringe Komplikationsrate erklärt. Ganz selten sind neurologische Folgen wie Krampfanfälle und Lähmungen beschrieben, ganz selten heißt, dass es sich nur um Einzelbeschreibungen handelt (z.B. 12). Der Impfschutz ist recht sicher und hält, nach dreimaliger Gabe, mindestens 10 Jahre an.
Zur Zeit (2018) gibt es keinen für Vorschulkinder zugelassenen Einzelimpfstoff gegen Diphtherie. D.h. gegen Diphtherie kann im Kindesalter nur mit einem Kombinationsimpfstoff geimpft werden. Eine Möglichkeit, nur Diphtherie und Tetanus zu impfen besteht mit einem in der Schweiz zugelassenen Impfstoff. Dieser muss über die internationale Apotheke besorgt werden. Eine Kostenerstattung in Deutschland über die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht möglich im Falle der privaten Krankenversicherung ist diese auf Antrag möglich. Wichtig ist zu wissen, dass für anerkannte Impfschäden bei nicht in Deutschland zugelassenen Impfstoffen die Bundesregierung nicht haftet. Auch die Schweizer Bundesregierung lehnt die Haftung bei Impfung ausserhalb der Schweiz ab.
Eine Alternative ist seit 02.2016 mit dem Erwachsenenimpfstoff REVAXIS möglich. In einer Stellungnahme dazu hat die STIKO diese Möglichkeit zugelassen (115). Allerdings sagt die STIKO nicht, wie oft aufgefrischt werden soll und wie lange die Wirkung anhält. Bei REVAXIS handelt es sich um einen für Kinder nicht zugelas- senen Impfstoff, d.h. es gibt keine Haftung bei Impfschaden durch die BRD oder die Impfstoffherstellerfirma. Das Hauptproblem bei REVAXIS ist, dass die Menge an Diphtherie-Toxoid um den Faktor 10 niedriger ist, als in den geprüften Kinderimpfstoffen. Ob diese reduzierte Menge an Toxoid reicht, um einen sicheren Schutz zu vermitteln, ist unklar (während diese für die Kinderimpfstoffe gut untermauert ist) Ich persönlich würde diese Variante nicht wählen, auch, wenn sie kostengünstiger erscheint. Wenn, würde ich vier Mal impfen, im Abstand von jeweils vier bis sechs Wochen und nach einem Jahr. Die erste Auffrischimpfung würde ich nach fünf Jahren empfehlen, analog zu den Empfehlungen bei Mehrfachimpfstoffen. Die Wirksamkeit von Tetanus und Polio ist bei REVAXIS übrigens vorhersehbar gut, da es die gleichen Impfstoffe, wie bei den zugelassenen Kinderimpfstoffen sind.
TETANUS
Ähnlich wie die Diphtherie ist der Tetanus (Wundstarrkrampf) eine Krankheit, hervorgerufen durch das Gift (Exotoxin) eines Bakterium (Clostridium tetani). Das Tetanusgift gilt als zweitgiftigste bekannte natürlich vor- kommende Substanz auf der Erde (10). Dieses Bakterium lebt überall in der Erde unter Luftabgeschlossenheit. Bei kleineren Schürfwunden kann es aufgenommen werden und nach 10 Tagen bis Wochen zur Tetanuserkran- kung führen; es kommt zu Muskelkrämpfen, schwersten Verkrampfungen im Gesicht mit Schluckstörungen und Atemstillstand. Bei Tetanuserkrankung muss eine Narkose mit Erschlaffung aller Muskeln für längere Zeit durchgeführt werden. Gleichzeitig wird ein Gegengift gegeben. Trotzdem versterben gut 30% aller Patienten auch heute noch. Eine nicht schulmedizinische Behandlung ist immer wieder beschrieben worden, dokumentierte Fälle aber gibt es nicht.
Eine Besonderheit stellt die Tetanuserkrankung des Neugeborenen dar, in der sog. „Dritten Welt“ in nicht- geimpften Populationen recht häufig. Ca. 500 000 Fälle sind davon pro Jahr in der Welt berichtet, die Sterblich- keit beträgt 70-100%. (10). Der Impfschutz der Mutter wird auf das Neugeborene übertragen (10 und12).
Auch die Tetanusimpfung ist eine der ältesten Impfungen, die Impfkomplikationen gut dokumentiert und selten (auch hier handelt es sich um einen Totimpfstoff mit dem Gift). Es sind Nierenkomplikationen (Glomerulone- phritis), Nervenerkrankungen mit Lähmungen (Guillen-Barree-Syndrom) und Abfälle der Blutplättchen (Throm- bocyten) in Einzelfällen beschrieben. Der Impfschutz ist recht sicher und hält nach dreimaliger Gabe mindestens 10 Jahre.
In einzelnen Ländern wird, nach regelrechter Tetanusimpfung im Kindesalter, gar keine Routineauffrischung für Tetanus empfohlen, d.h. es wird nur bei Verletzungen nachgeimpft (Niederlande und Großbritannien)
In den letzten Jahren wurden vermehrt überimpfte Patienten mit z.T. erheblichen neurologischen und Nieren- problemen beobachtet, so das eine unnötige Nachimpfung vor 10 Jahren unbedingt vermieden werden sollte (10).
POLIO, KINDERLÄHMUNG
Der Erreger der Kinderlähmung gehört zu der großen Gruppe der Enteroviren. Dabei handelt es sich um die Erreger der „banalen“ Magen-Darm-Infektion. Über hundert solcher Infektionen machen wir in unserem Leben durch, meistens ohne wesentliche Komplikationen. Lediglich das Austrocknen im Kleinkindesalter stellt eine häufige lebensbedrohliche Komplikation dar, in der ganzen Welt ist heute das Austrocknen bei Magen-Darm- Infekt die Haupttodesursache im Kindesalter. Die Polioviren stellen eine Untergruppe dar und auch bei Infektion durch sie sind in über 90% der Fälle unkomplizierte Magendarminfekte zu erwarten. Nur in einem kleinen Teil kommt es zur sog. „abortiven“ Polio, mit Meningitis (Hirnhautentzündung), Halsschmerzen und stärkerem Erbrechen. Auch diese abortive Polio heilt komplikationslos aus.
Nur ca 0,1% bis 1% der Polioerkrankten machen die typische Lähmung, asymmetrisch-aufsteigend von den Beinen beginnend, durch. In diesen Fällen ist mit einer Zwerchfelllähmung und dadurch mit plötzlicher Atemnot, zu rechnen. Bei maximaler Ausprägung können alle sog. Hirnnerven und Rückenmarksnerven befallen sein, so dass neben Atemlähmung mit Schluckstörungen und Kreislaufproblemen zu rechnen ist. Diese Phase muss mit intensivmedizinischen Methoden, wie Beatmung, überbrückt werden. Nach unterschiedlich langer Zeit kommt es dann zu einer Rückbildung der Symptome, wobei mehr oder weniger große Ausfälle und Lähmungen lebenslang bleiben.
Wie bei vielen hier erwähnten Krankheiten ist auch bei der Polio die Hauptfrage, warum etwa 1 von 100 bis 1000 Erkrankten nicht nur einen Magendarminfekt durchlebt, sondern o.g. Komplikation. Die Ursache hierfür ist nicht das Poliovirus, sondern in unseren Abwehrvorgängen zu suchen (Prädisposition). So gibt es Hinweise, dass nach Entfernung der Rachenmandeln (Tonsillektomie) und oder der sog. Polypen (Adenotomie) die Bereitschaft zur neurologischen Polioerkrankung, d.h. zu der o.g. Lähmungsform, zunimmt (10).
Die Polioerkrankung war in der westlichen Welt seit Jahren völlig verschwunden, seit Frühjahr 2002 in ganz Europa ausgerottet, wenn Erkrankungen auftraten, so waren sie entweder eingeschleppt aus Ländern der sog. „Dritten Welt“, oder durch den bis Mai 98 in Deutschland z.B. verwandten oralen Lebendimpfstoff ausgelöst (Solche Impfpolioanfälle sind in 1 Fall auf 3,5 Mio. Geimpfte aufgetreten, also sehr, sehr selten). Seit 2013 werden wieder vereinzelt Poliofälle in Syrien und Israel gemeldet (rki: epidemiologisches bulletin 28.10.2013, Nr 43), d.h. es ist mit erneuter Einschleppung von Polio nach Deutschland zu rechnen! (man denke an die Flüchtlingskrise, über diesen Weg muss man mit nicht erkennbare Poliofällen (nur Magen- Darm-Symptome, dann kann man sich auf jeder öffentlichen Toilette unbemerkt anstecken!) rechnen. Schließlich gibt es noch ein Argument für die Empfehlung, sich gegen Polio zu impfen: Seit 2003 werden in der westlichen Welt keine Schluckimpfungen mehr gemacht (da diese ja ansteckend sein konnten), d.h. seit mehr als 15 Jahren. Wer mit der Spritze gegen Polio geimpft wurde kann zwar sicher nicht erkranken, aber, z.B. über eine öffentliche Toilette die Keime im Darm aufnehmen und weiter verbreiten. D.h. ein Mensch der nicht geimpft ist kann sich auch bei geimpften, die diesen Kontakt unerkannt hatten, anstecken!
Ob die Quasiausrottung der Polio in unseren Breiten tatsächlich ursächlich mit der Impfung zusammenhängt, oder nicht allein Folge unseres gestiegenen Lebensstandards und der verbesserten Hygienemaßnahmen, ist sehr umstritten (diese Diskussion wird ausführlich dargestellt in 18, Seite 107-111 ).
KEUCHHUSTEN, PERTUSSIS
Der Keuchhusten ist eine durch Bakterien hervorgerufene Erkrankung, in ungeimpften Populationen des Vorschulalters. Er beginnt mit einem unspezifischen Husten, meist mit geringem Fieber, der gut drei Wochen anhält. Diese Phase ist durch das Bakterium Bordetella pertussis selbst hervorgerufen. Danach folgt eine Phase, bedingt nicht mehr durch das Bakterium, sondern durch die von diesem auf der Schleimhaut hervorgerufenen Narben; das typische Keuchhustenstadium mit anfallsartigem Husten, Ziehen nach Luft und anschließendem Hochwürgen und Erbrechen von Schleim. Auch diese Phase dauert etwa 3 Wochen. Danach kommt ein unterschiedlich langes Intervall mit teilweise typischen Keuchhustenphasen und teilweise unspezifischem Husten. Diese Intervall kann Monate dauern, da häufig eine neurotische Hustenfixierung lange bleibt.
Komplikationen sind vorwiegend im ersten Lebensjahr zu befürchten: am gravierendsten sind plötzliche, unvorhersehbare Atemstillstände, beschrieben fast ausschließlich im ersten Halbjahr. Weiterhin können Lungenentzündungen, Krampfanfälle und, in sehr seltenen Fällen, eine Hirnhautentzündung bzw. eine Hirnentzündung (Enzephalopathie) entstehen. Eine wichtige Komplikation ist eine, auch nach Masern, Windpocken und Scharlach beobachtete Immunschwäche für ca. 6 Wochen nach der Erkrankung. In den 20iger Jahren war der Keuch- husten eine der häufigsten Todesursachen bei Kindern in den USA. Die Keuchhustenkrankheit dort nahm in den 30iger Jahren, vor der Impfära, deutlich ab, wohl durch Verbesserung der hygienischen Bedingungen (10)
Im Gegensatz zu den meisten Kinderkrankheiten ist der Keuchhustenverlauf mit zunehmendem Alter immer harmloser, im Erwachsenenalter verläuft er meist wie ein unkomplizierter Husten. Das aber ist eine der Gefahren; ein Erwachsener könnte unerkannt einen Säugling anstecken, besonders ein geimpfter Erwachsener, da die Impfung keinen lebenslangen Schutz hinterlässt. Gerade in letzter Zeit wird diese Gefahr vermehrt diskutiert (47), vor der Impfära gab es so gut wie keine Erwachsenen mit Pertussis (ca. 2% aller Pertussispatienten), bei hoher Durchimpfung sind dies 12-16%. D.h. es gibt, durch die Impfung, vermehrt Erwachsene, die Säuglinge anstecken können, ohne dies zu wissen! Dies bedeutet eine hohe Gefährdung für noch nicht komplett geimpfte Säuglinge. Die Erkrankung selbst hinterlässt keine lebenslange Immunität.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass der Keuchhusten nicht nur von einem Keim hervorgerufen werden kann, sondern von mindestens noch einem (Bordetella parapertussis). Während die Erkrankung an einem der Keime vor dem anderen mitschützt (Kreuzimmunität), gilt dies für die Impfung mit dem neuen, sog. azellulären Impfstoff offensichtlich nicht, denn es werden in letzter Zeit zunehmend Keuchhustenfälle nach Impfung durch Bordetella parapertussis beschrieben (19).
Schwedische Studien zeigen eine Wirksamkeit nach dreimaliger Gabe von 54-64%, d.h. nur maximal 64 von hundert dreimal geimpften Kindern waren geschützt, d.h. von einem sicheren Schutz kann nicht ausgegangen werden! (20/21). Japanische Untersuchungen zeigen allerdings einen höheren Impfschutz bei Kindern über 2 Jahren, d.h. außerhalb der hauptgefährdeten Zeit (22). Die gültige Impfempfehlung der STIKO umfasst 4 Imp- fungen innerhalb eines Jahres. Seit Anfang 2006 empfiehlt die Ständige Impfkommission eine Auffrischung der Keuchhustenimpfung zwischen dem 5.und 6., 10 und 17. Lebensjahr, sowie eine Nachimpfung der bisher nicht- geimpften Kinder (51)
Eine interessante Möglichkeit zum Schutz der Neugeborenen vor Pertussis ist die Impfung der Schwangeren im dritten Trimenon (letzte drei Monate) der Schwangerschaft. Der Schutz ist offensichtlich höher beim Neugeborenen (91%) als durch jede andere Impfung später! Der Schutz hält an für ca. 6 Monate (118)
Nebenwirkungen des azellulären Impfstoffes sind wenige bekannt. Es werden Einzelfälle von sog. „Apathie- Syndromen“ nach Pertussisimpfung beschrieben (23), Kinder nach Impfung reagieren nicht, starren ins Leere, sind vom Kreislauf her stabil. Dieser Zustand dauert einige Stunden an und verschwindet wieder, langfristige Schäden sind bei diesen Kindern nicht beobachtet worden. Eine ungewöhnliche Häufung von Fieberkrämpfen nach Keuchhustenimpfung wird ebenfalls beobachtet (68)
In den USA, wo der azelluläre Impfstoff schon länger zugelassen ist, werden diese „Apathie-Syndrome“ eben- falls beobachtet, gleichzeitig werden Fälle von sog. =Fokaler Ezephalitis“ (Regionale Himentzündung) beschrieben (24).). Vielleicht am Schluss sei noch bemerkt, dass der azelluläre Impfstoff offensichtlich nicht schützt vor einer Parapertussisinfektion, die von den Komplikationen her genau so verläuft, wie die Pertussisinfektion.
Der sehr zweifelhafte Impfschutz erschwert die Entscheidung. Eine Impfung gegen Pertussis ist überwiegend eine Solidarimpfung, d.h. ich schütze mit der Impfung andere Säuglinge dadurch, dass mein Kind eher keinen Keuchhusten bekommt und damit auch nicht anstecken kann.
In Einzelfällen, in denen Kinder eine schwere Lungengrundkrankheit, z.B. nach Langzeitbeatmung als ehemaliges Frühgeborenes, schweres Asthma usw. haben., wird die Pertussisimpfung sicher leichter akzeptiert werden können. Aber gerade in diesen Fällen wird vereinzelt auch von Verbesserung der Grundkrankheit nach durchgemachter Keuchhustenerkrankung berichtet. (27)
HAEMOPHILUS INFLUENZAE B Infektion, HIB
Haemophilus influenzae B ist ein Bakterium der großen Gruppe Haemophilus influenzae. Alle Bakterien dieser Gruppe gehören zu den normalen Keimen unseres Nasen-Rachen-Raumes, bei ca. 5% aller Schulkinder konnte HIB (Haemophilus influenzae B) nachgewiesen werden, ohne dass diese Kinder irgendwelche Krankheitszeichen hatten. Im Vorschulalter ist HIB ein häufiger Keim bei der unkomplizierten Mittelohrentzündung. Bei einer kleinen Gruppe von Kleinkindern kommt es nun durch HIB nicht nur zu einer Mittelohrentzündung, sondern zu der schwersten Form der eitrigen Hirnhautentzündung. Gerade bei der HIB-Infektion ist inzwischen gut dokumentiert, dass nicht der Keim, sondern eine besondere Bereitschaft, nämlich ein Immundefekt, Ursache für das Entstehen der eitrigen Hirnhautentzündung ist (8 und 10). Der Immundefekt im einzelnen ist noch nicht ganz geklärt, wahrscheinlich liegt ein sog. „Complementdefekt“ vor. Die Tatsache, dass die eitrige HIB- Hirnhautentzündung (wie die Meningokokken- und Pneumokokken-Meningitis) nur im Vorschulalter auftritt legt nahe, dass der ursächliche Immundefekt nur vorübergehend ist, d.h. die Abwehr des HIB gelernt wird.
Diese Tatsache erklärt auch, warum die HIB-Impfung, die auch in Deutschland große Akzeptanz findet, nicht dauerhaft zu einem Rückgang der schweren eitrigen Hirnhautentzündung geführt hat. An Stelle des HIB als Erreger sind heute die Meningokokken und Pneumokokken getreten, Keime, die dem HIB sehr ähnlich sind.
Die Prognose der eitrigen Hirnhautentzündung ist sehr ernst; auch bei Behandlung mit allen Mitteln der Intensivmedizin sterben 5-20% der Kinder, in 30% ist mit Dauerschäden wie Schwerhörigkeit, Sehstörungen, Problemen des Gleichgewichtes oder Epilepsie zu rechnen. (10 und 16).
Eine ganz andere, sehr seltene Komplikation der HIB-Infektion ist durch die Impfung allerdings fast völlig verschwunden, die akute Epiglottitis akutissima. Bei dieser Erkrankung kommt es, bei hohem Fieber, sehr rasch zu einer massiven Schwellung des Kehldeckels mit Zuschwellen der Atemwege. Die Krankheit muss sofort erkannt und von dem unkomplizierten Pseudocroup unterschieden werden. Lebensrettend ist das sofortige Legen eines Beatmungsschlauches unter Narkose, ein auch für geübte Anästhesisten schwieriges Unterfangen. Mit Antibiotika ist diese Schwellung zu behandeln, nach Anschwellen ist nicht mit bleibenden Schäden zu rechnen. Während für die Hirnhautentzündung offensichtlich inzwischen andere Erreger eingetreten sind ist dies für die Epiglottitis akutissima nach Einführung der HIB-Impfung nicht geschehen.
Alle anderen Erkrankungen, hervorgerufen durch HIB, wie Herzentzündung (Perikarditis), Nebenhöhlenentzün- dung (Sinusitis), Knochenhautentzündung (Osteomyelitis) und Mittelohrentzündung sind durch die HIB- Impfung nicht beeinflusst worden, d.h. werden heute noch genauso oft beobachtet, hervorgerufen durch HIB, wie vorher. Die Impfung schützt offensichtlich nicht vor dem Keim HIB, sondern nur vor seiner Ausbreitung in den Hirnhäuten und dem Kehldeckel. Warum das so ist, ist bislang noch unklar. (10 und 16).
Die HIB-Impfung ist seit 1990 in Deutschland eingeführt und wird als “Impfung vor der Hirnhautentzündung“ allgemein gut akzeptiert. (Dass diese Aussage „Impfung vor der Hirnhautentzündung“, offizieller Teil der HIB- Impfkampagne (16), eindeutig falsch ist, wurde hoffentlich aus oben gesagtem deutlich). Tatsache aber ist, HIB ist heute als Ursache der eitrigen Hirnhautentzündung und die Epiglottitis akutissima so gut wie verschwunden , und dass diese Veränderung zeitgleich mit der Einführung der Impfung in Deutschland verläuft (50)
Die Nebenwirkungen der HIB-Impfstoffe sind nur schwer auf diesen Impfstoff zurück zu führen, da fast immer ein Kombinationsimpfstoff verimpft wird mit Diphtherie, Tetanus und häufig auch Pertussiskomponente, in neuer Zeit auch mit Polio- und Hepatitis-B-Impfstoff. Zwei Komplikationen wurden nach o.g. Kombina- tionsimpfstoffen gefunden, das Guillain-Barree-Syndrom (Eine akute Lähmung, von den Beinen aufsteigend, verbunden mit z.T. erheblichen Schmerzen und teilweise vorübergehender Atemlähmung) (15, 32 und 33) und die Transverse Myelitis, eine asymetrische vorübergehende Lähmung der Beine (15). Beide Komplikationen sind sehr selten und nur in Einzelfällen beobachtet worden. Es handelt sich um häufige, unspezifische Veränderungen nach Eingriffen in das Immunsystem, d.h. ein Zusammenhang allein mit der HIB-Impfung ist nicht sicher herstellbar. Allgemein gilt die HIB-Impfung als eine der komplikationsärmsten und sichersten Impfungen (12,), sie ist ein Totimpfstoff, bestehend nur aus einem Teil des Keimes.
Schon länger wurde vermutet, dass nach der Hib-Impfung häufiger die kindliche Zuckerkrankheit (juveniler Diabetes mellitus) auftritt. In letzter Zeit haben sich diese Hinweise verdichtet (49).
Als Impfung vor einer wesentlichen Ursache einer schweren eitrigen Hirnhautentzündung im Kleinkindesalter ist die insgesamt gut schützende und gut verträgliche HIB-Impfung sicher empfehlenswert!
PNEUMOKOKKEN
Meningokokken und Pneumokokken sind, neben dem oben besprochenen Hämophilus influenzae Bakterien, die zu einer eitrigen Hirnhauentzündung im Kleinkindesalter führen können. Wie dort besprochen, sind sie, seit der fast Ausrottung des Hämophilus influenzae als Erreger der eitrigen Hirnhautentzündung (Meningitis) heute die Haupterreger dieser Erkrankung im frühen Kindesalter (erste vier Lebensjahre). Ebenfalls, wie Hämophilus influenzae, sind Meningokokken und Pneumokokken normalerweise Erreger der eitrigen Mittelohrentzündung, einer sehr häufigen Erkrankung im Kindesalter, und nur unter bestimmten, unvorhersehbaren Umständen, oder bei Entfernung der Milz, Sichelzellanämie und schweren Herzfehlern, kommt es zu Meningitis. D.h. auch hier sind die Keime nicht ursächlich verantwortlich für die Hirnhautentzündung.
Im Gegensatz zu Hämophilus influenzae, wo etwa bei einem von 1000 Kindern, die eine Mittelohrentzündung durchmachen, mit einer eitrigen Hirnhautentzündung zu rechnen ist, ist die Tendenz bei den Meningokokken und Pneumokokken wesentlich geringer (etwa 1: 10000) (61). Der Grund für die in den USA gegebene offizielle Empfehlung zur Pneumokokkenimpfung ist darum auch nicht die mögliche Hirnhautentzündung, sondern die zunehmende Resistenz gegen Antibiotika bei Pneumokokken als Erreger der Mittelohrentzündung (62). Die STIKO empfiehlt einedreimalige Impfung gegen Pneumokokken im Säuglings- und Kleinkindesalter.
Sieht man sich die Entstehung der Antibiotikaresistenz der Mittelohrentzündungsbakterien an, so wird rasch deutlich, dass eine Impfung hiergegen sinnlos sein wird: ca. 80% aller Mittelohrentzündungen sind nicht durch Bakterien, sondern durch Viren verursacht, d.h. müssten eigentlich nicht mit Antibiotika behandelt werden (z.B. KV- Arzneimittelbulletin 2000). Trotzdem ist es üblich, jede Mittelohrentzündung antibiotisch zu therapieren, d.h. in 80% der Fälle werden diese Mittel unnötig gegeben. Die Pneumokokken gehören zu der großen Familie der Streptokokken (Scharlacherrreger) und bestehen ihrerseits aus über 80 verschiedenen Bakterien (d.h. Pneumokokken sind nicht ein Erreger, sondern eine ganze Erregergruppe), die sich durch eine besonders schnel- le Resistenzentwicklung auszeichnen, wobei die Resistenz über die Darmbakterien entsteht: diese haben Kontakt mit der Unzahl der Antibiotika im Kindesalter, wenn sie nicht absterben, entwickeln sie Resistenzfaktoren gegen die Antibiotika, die ihnen, bei erneutem Kontakt, ermöglichen, das Antibiotikum zu zerstören. Eine wichtige Gruppe dieser Darmbakterien sind die Enterokokken, die auch zur Familie der Streptokokken gehören. Hat das Kind nun Kontakt mit den Pneumokokken, so findet sehr rasch, innerhalb von Stunden, ein „Informationsaus- tausch“ innerhalb der Familie „Streptokokken“ statt, so dass Resistenzfaktoren übertragen werden. Ursache für die beunruhigende Resistenzentwicklung der Streptokokkenfamilie (Pneumokokken, Enterokokken, Streptokokken (Scharlach) Streptokokken (Mandelentzündung) ist der viel zu großzügige und unnötige Einsatz von Antibiotika, gerade im Kindesalter. An diesem Einsatz wird eine Pneumokkenimpfung nichts ändern, an der Häufigkeit der Mittelohrentzündung im Kindesalter ebenfalls nichts wesentliches, da, wie gesagt, 80% durch Viren und nur ca. 7% durch Pneumokokken verursacht sind (der Rest wird durch andere Bakterien wie Meningokokken und Streptokokken verursacht).
Der in Deutschland eingeführte Pneumokokkenimpfstoff umfasst zur Zeit 10 (Synflorix) oder 13 (Prevenar 13) verschiedene Pneumokokkenantigene (von über 40 möglichen). Er deckt nur ca. 40% der hier vorkommenden Keime ab, d.h eine Wirksamkeit von ca. 40% ist nach kompletter Impfung anzunehmen (64 und 88). Bei den Mittelohrentzündungen reduziert sich die Häufigkeit um ca. 6-34% (64).
Interessant ist eine neue Untersuchung aus den USA, die zeigt, dass die Penizillinresistenz der Pneumokokken in der Zeit seit Einführung der Pneumokokkenimpfung abgenommen hat (96).2013 wurden zum neuen Impfstoff und dessen Wirksamkeit verschiedene Studien veröffentlicht (111): weiterhin bleibt die Beurteilung schwierig: zwar nehmen, bei geimpften Kindern, die Infektionen mit den verimpften Serogruppen deutlich ab, aber, eigentlich in allen Ländern, aus den Studien vorliegen, wird ein Replacement (Ersatz) durch nicht im Impfstoff enthaltene Serogruppen berichtet, d.h. die Gesamtzahl der Hirnhautentzündung wird nur gering beeinflusst (111). Daten, die im zitierten arznemitteltelegramm 44, Nr 4 2013 (111) diskutiert werden liegen aus USA, Frankreich, Spanien, Deutschland und Finnland vor und beziehen sich nur auf den 10-valenten Impfstoff Synflorix. Zu Prevenar 13 gibt es bisher keine Wirksamkeitsstudien (111).
Zu langfristigen Nebenwirkungen dieser neuen Impfstoffe kann noch keine Aussage gemacht werden. Eine interessante Beobachtung wurde aber gemacht: wird gleichzeitig mit der Impfung Paracetamol gegen Fieber gegeben, sinkt die Wirksamkeit der Impfung! (105)
MENINGOKOKKEN
Die Meningokokken sind die dritte Erregergruppe einer eitrigen Hirnhautentzündung. Im Rahmen der Durchimpfung gegen HIB und in einigen Ländern auch Pneumokokken (z.B. England und Belgien) sind die Meningokokken dort zur Haupterregergruppe der eitrigen Hirnhautentzündung geworden. In einigen Ländern Afrika ́s, den Ländern des sog. „Meningitisgürtels“ führen sie zu großen, schwer verlaufenden Epidemien.
Wie HIB und die Pneumokokken sind auch die Meningokokken eine große Familie, d.h. es gibt diverse Untergruppen, die sich in ihren Antigeneigenschaften unterscheiden und in unterschiedlichen Regionen der Welt unterschiedlich verbreitet sind. Wir Unterscheiden 13 Gruppen „A“, „B“ , „C“, „W135“ und „Y“ spielen als Krankheitserreger in Europa, Afrika, Asien und den USA eine Rolle. In den USA sind es die Gruppen „A“ ,“Y“ und „C“, in Europa überwiegend „B“ (40%) und „C“ (20%) In Afrika und Asien die Gruppe „A“ (87). Seit 2011 wird eine Impfung gegen Meningokokken in Deutschland von der STIKO im zweiten Lebensjahr empfohlen. Der Impfstoff deckt das Risiko für die Meningokokkengruppe „C“ ab, einen Stamm der Meningokokken, der in Deutschland eine kleine Rolle spielt (ca. 20% der Meningokokkenfälle). Es wird eine einmalige Impfung empfohlen, obwohl bisher unklar ist, wie lange diese einmalige Impfung überhaupt wirksam ist. In den Niederlanden wird ähnlich vorgegangen und bisher sind keine Impfdurchbrüche beobachtet worden, in England wird drei Mal geimpft (103). Trotzdem hat die STIKO diese Impfung 1x nur empfohlen. Auch in impffreudigen Kreisen ist diese Empfehlung auf Unverständnis gestoßen (70). Als Nebenwirkungen sind Unruhe, Schlafstörungen, Fieber, Rötung und selten ein „Steven-Johnson-Syndrom) (schwerste allergische Reaktion mit Ablösung von Haut und Schleimhaut) beschrieben (64)
Ein Impfstoff gegen den Haupterreger „B“ ist seit August 2013 zugelassen, eine Empfehlung durch die STIKO ist zu erwarten. Da Meningokokken Typ „B“ mit gut 70% der Fälle in Deutschland die wichtigsten Erreger der Meningokokkenmeningitis sind, würde eine Impfung mit diesem Impfstoff deutlich mehr Sinn machen, als mit dem Meningokokkenipfstoff der Gruppe C (113). Meningokokken können auch im Jugendlichenalter noch schwere Hirnhautentzündungen verursachen, besonders in „Massenunterkünften“, z.B. in Internaten.
MUMPS, ZIEGENPETER
Mumps gehört zu den ,klassischen Kinderkrankheiten“ .Nach ca. drei Wochen Inkubationszeit kommt es bei leicht erhöhten Temperaturen zu einer oft schmerzhaften Schwellung der Ohrspeichel- und oft auch der unter der Zunge gelegenen Speicheldrüsen. Zusätzlich Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Dauer ca. 3-7 Tage. Hervorgerufen wird die Mumps durch ein Virus, dessen einziges Reservoir der Mensch ist. Ca. 40% der Infektionen verlaufen ,,still“, d.h. ohne sichtbare Erkrankung.
Komplikationen vor der Pubertät sind, nach Meinung aller Autoren, sehr, sehr selten und nehmen nach der Pubertät deutlich zu. (10, 11, 12 und 16).Die Hirnhautentzündung (Menigoenzephalitis) wird zwar häufig im Akutstadium gefunden (1:1000 bis 1: 5000), überwiegend hinterlässt sie bei Erwachsenen über 18 Jahren bleibende Schäden wie Innenohrschwerhörigkeit (1:20000). Am gefürchtetsten ist die Hodenentzündung, die so gut wie ausschließlich nach der Pubertät auftritt (10 und 12), dann aber einseitig in ca. 25% der Fälle. Bei beidseitigem Auftreten folgt ihr in Einzelfällen die Zeugungsunfähigkeit! Erst in letzter Zeit bekannt wurde ein Zusammenhang zwischen der Mumpserkrankung und späterer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), wobei bisher noch keine Häufigkeit angegeben werden kann. Die Impfung selbst steht allerdings auch im Verdacht, Diabetes mellitus zu verursachen (12, 15 und 34).Wegen des langen Zeitraumes zwischen Erkrankung (Mumps) oder Impfung und Beginn des Diabetes mellitus sind weder im einen noch im anderen Fall eindeutige Häufigkeiten anzugeben. Tatsache jedoch ist, dass die Erkrankung an juvenilem Diabetes mellitus zunimmt, wäre die Mumpserkrankung ein wesentlicher Faktor, wäre eine Abnahme zu erwarten! Keinesfalls jedoch ist der Umkehrschluss richtig; dass wegen der Impfung, die in Deutschland recht wenig akzeptiert wird, das Auftreten des juvenilen Diabetes mellitus vermehrt beobachtet wird, dazu ist die Entstehung dieser, möglicherweise Autoimmunerkrankung viel zu kompliziert. (Autoimmunerkrankungen sind Krankheiten, bei denen das Immunsystem körpereigenes Gewebe als fremd erkennt und zu zerstören beginnt, das klassische ,,Rheuma“ gehört z.B. dazu, Generell ist in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Zunahme dieser komplexen Krankheiten zu beobachten).
Komplikationen der Mumpsimpfung sind erstaunlich häufig (12), was damit zusammenhängt, dass es sich, wie bei der Masern- und Rötelnimpfung um eine Lebendimpfung mit abgeschwächten Keimen handelt:
Impfmumps ist eine harmlose Komplikation in 5:1000 Fällen. Diese Impfmumpserkrankung verläuft etwas schwächer als die echte Mumpserkrankung. In 1:1 Mio. Fälle kann auch die Impfung eine Hodenerkrankung machen, bisher wurde dies nur einseitig beobachtet. Gangunsicherheit wurde in Einzelfällen beobachtet, Ursache dieser Störung, die nach 2-3 Tagen komplett verschwindet, ist bisher unklar. Auch eine Hirnhaut- oder Hirnentzündung ist in Einzelfällen beschrieben worden, die Häufigkeit wird mit 1:10000 bis 1:1 Mio. angegeben. Zum Problem der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) wurde oben Stellung genommen. (alle Angaben entnommen 12 und 18). Eine Komplikation der Impfung darf nicht unerwähnt bleiben; die Verschiebung der Erkrankung in das spätere Jugendlichen- und frühere Erwachsenenalter. Aktuelle Studien (2018) zeigen, dass die Gruppe der Erwachsenen, die, nach regelrechter Impfung, keinen Mumpsschutz mehr haben, deutlich zunimmt, Eine Auffrischimpfung gegen Mumps wird (analog zur Masernimpfung) im Erwachsenenalter empfohlen (119 und 120). Im Falle der Mumpserkrankung hat man es mit einer im Kindesalter wenig komplikationsträchtigen Erkrankung zu tun, die Impfung aber macht relativ häufig Probleme. Viele Eltern entscheiden sich abzuwarten bis zur beginnenden Pubertät. Sind dann im Blut keine Abwehrkörper nachweisbar (wie gesagt verlaufen 40% der Mumpserkrankungen still), so könnte eine Impfung überlegt werden.
RÖTELN
Röteln sind ebenfalls eine Viruserkrankung. Die Inkubationszeit beträgt 14-21 Tage. Am ansteckendsten sind Röteln einige Tage, bevor es zum Ausschlag kommt, was für ungeschützte Schwangere besonders gefährlich ist! Meist kommt es zunächst zu unspezifischen Zeichen wie Kopfweh, leicht erhöhter Temperatur und Schnupfen, dann folgt sehr kurz ein nicht sehr eindrucksvoller Ausschlag vom Kopf beginnend auf. Typisch sind die geschwollenen Lymphknoten im Nacken.
Wichtigste Komplikation dieser im Übrigen allgemein als harmlos angesehenen Krankheit ist die sog. Embryopathie, d.h. eine schwere Fehlbildung bei Ansteckung in der Frühschwangerschaft, wenn viele Mütter häufig noch nicht wissen, das sie schwanger sind. Menschen, die Röteln hatten, sind lebenslang geschützt vor einer Neuinfektion, d.h. auch Schwangere nach Rötelnerkrankung schützen ihr ungeborenes Kind.
Weitere sehr seltene Komplikationen der Rötelnkrankheit sind: Eine Gelenkerkrankung, das sog. Rötelnrheumatoid das mit zunehmendem Alter häufiger auftritt und in Einzelfällen bleibende Gelenkschäden hinterlässt (Nur bei Erwachsenen beschrieben (12 und 10)). Eine Hirnentzündung ohne bleibende Schäden in 1 von 6000 Fällen (10), Abfall der Blutplättchen in 1 von 3000 Fällen, es kommt dann manchmal zu spontanen Hautblutungen. Diese Komplikation hört immer von selbst auf! (10 und 12)
Hauptgrund für die Einführung der Rötelnimpfung war nicht der Schutz der Kinder vor der eher harmlosen Erkrankung, sondern der Schutz der ca. 5-10% nicht geschützte Frauen im gebährfähigen Alter. Trotz der inzwischen zweifachen Impfung ist es nicht gelungen, diesen Anteil der ungeschützten jungen Frauen zu vermindern. In die Überlegung für oder gegen die Rötelnimpfung muss unbedingt dieser Schutz der anderen miteinbezogen werden, d.h. nach Kontakt mit Röteln oder bei Verdacht auf Röteln muss das ungeimpfte Kind zuhause bleiben, obwohl es vielleicht gar nicht so krank wirkt! !. Auch kurz zur Post oder in’s Geschäft darf es nicht mit, es könnte eine Schwangere dort anstecken!! Gerade diese einfache Maßnahme aber wird immer weniger akzeptiert, wie die große Gruppe ansteckender und fiebernder Kinder täglich im Kindergarten erschreckend deutlich machen.
Wie sicher der Schutz nach Rötelnimpfung ist, ist unklar (10). Die unverändert große Zahl ungeschützter Frauen lässt einige Zweifel an der Effektivität der Impfung aufkommen. Ein lebenslanger Schutz ist eher unwahrscheinlich, d.h. Auffrischimpfungen sind wahrscheinlich regelmäßig notwendig. Trotzdem hat die Rötelnimpfung seit 1974 in den USA zusammen mit einer sehr guten Aufklärungskampagne und der straffreien Möglichkeit der Schwangerschaftsunterbrechnng nach fraglichem Rötelnkontakt zu einem eindrucksvollen Rückgang der Missbildung durch Rötelnembryopathie geführt. Allerdings ist der Anteil der Impfung an diesem Erfolg unklar (10).
Komplikationen der Impfung sind, da es sich um ein abgeschwächtes Lebendvirus handelt, wieder etwas häufiger:
Da das Rötelnvirus ein besonders lang in unserem Körper überlebendes Virus ist (12), kann es auch als Impfvi- rus sehr lange nachgewiesen werden. Im Zusammenhang mit der Impfung wurden vereinzelt sog. ,,Chronic Fatigue Syndrome“ beobachtet, eine Krankheit, die zu den rheumatoiden Erkrankungen gehört, verbunden mit Müdigkeit, Muskelschmerzen und leicht erhöhten Temperaturen. (12). Das Chronic Fatigue Syndrom ist eine noch recht unklare Autoimmunerkrankung, der sicher viele Faktoren zugrunde liegen, so dass der Nachweis der Rötelnimpfung als alleinige Ursache unwahrscheinlich ist. Auch nach der Rötelnkrankheit wurde dieses Syndrom beobachtet (12).
Gelenkbeschwerden bis hin zum Gelenkrheuma wurden oft nach Rötelnimpfung beschrieben (12,35, 36, 37). Die Häufigkeit ist etwa entsprechend der bei der Rötelnerkrankung selbst (36). In sehr seltenen Fällen wurde eine Hirnentzündung beobachtet (12 und 18). Auch das Guillen-Barree-Syndrom, eine aufsteigende Lähmung der Beine, in seltenen Fällen mit Atemlähmung, ist beschrieben (12 und 38). Hierbei handelt es sich um Einzelfälle. Bei Kombination mit Masern- und Mumpsimpfstoff wurden auch vereinzelt Krampfanfälle beobachtet, die wahrscheinlich durch die Masernkomponente bedingt sind (12 und 68).
Bei der Rötelnimpfung ist die Entscheidung nicht ganz einfach, wenn man die ungeschützte Schwangere berücksichtigt. Die Rötelnerkrankung schützt lebenslang, die Impfung ist in ihrem Schutz ziemlich umstritten (ausführliche Diskussion in 18). Durch die Impfung aber verschiebt sich das Haupterkrankungsalter in die gefährliche Zeit der jungen Erwachsenen! Eine Impfung nach nicht durchgemachter Rötelnkrankheit im Pubertätsalter macht vielleicht mehr Sinn als die zur Zeit empfohlene Frühimpfung. Allerdings sind unbedingt o.g. Hygienemaßnahmen zu berücksichtigen.
HEPATITIS LEBERENTZÜNDUNG
Hepatitis ist ein Sammelbegriff für eine große Gruppe von Leberinfektionen, hervorgerufen durch eine Vielzahl unterschiedlicher Viren. Nach den Buchstaben des Alphabetes werden diese Viren, von denen immer wieder neue entdeckt werden, durch nummeriert. Für die Impfdiskussion im Kindesalter sind vier Formen der Hepatitis wichtig zu unterscheiden:
Hepatitis A: Es handelt sich um eine in südlichen Ländern häufige Infektion, erworben über kontaminierte Lebensmittel (ungewaschenes Obst, Salat, etc.).Nach 15-45 Tagen Inkubationszeit kommt es zu Unwohlsein, leichter Gelbsucht, hellem und dünnem Stuhl, Bauchschmerzen. Im Kleinkindesalter verläuft die Hepatitis A häufig symptomlos, im Erwachsenenalter mit schwerem Krankheitsgefühl. Bleibende Schäden im Kindesalter gibt es nicht. Die Krankheit hinterlässt einen lebenslangen Schutz. Ansteckend ist der Stuhl der Kinder.
Gegen die Hepatitis A gibt es seit 1993 einen Impfstoff mit inaktivierten Lebendviren. Die Impfung ist nur bei Reisen in Endemiegebiete (Türkei, naher Osten, Indien, Afrika) empfohlen. Wegen des bisher geringen Erfahrungsschatzes kann zu Nebenwirkungen keine eindeutige Aussage gemacht werden.
Hepatitis C: Hierbei handelt es sich um eine Leberentzündung, hervorgerufen durch ein Virus, das nur über Körpersekrete (Blut und Sperma, Speichel und Muttermilch) übertragen wird. Gemeinsam mit den HIV-Viren breitete sich das Hep.C-Virus in der ganzen Welt vorwiegend in der Gruppe der Jugendlichen rasend schnell aus. (10 und 39). In einem noch unbekannten Prozentsatz kommt es zur chronischen Lebererkrankung mit nachfolgender Lebercirrhose oder Leberzelllkrebs (39). In Japan und den USA wird die Hepatitis C als Hauptursache des Leberkrebses angesehen, während in Europa dies noch die Hep. B ist. (3,9). Ein Impfstoff für die Hep. C steht noch nicht zur Verfügung, wegen der rasch um sich greifenden Durchseuchung in der Welt und des recht bösartigen Verlaufes wird davon ausgegangen, das die Hep. C das Hauptproblem im Rahmen der Hepatitiden in Zukunft darstellen wird (10, 39).
Hepatitis E: Auch hierbei handelt es sich um ein erst kurzzeitig bekanntes Virus, das über den Stuhl ausgeschieden wird und darüber eine Ansteckung verursacht. Der Verlauf ist ähnlich gutartig wie der der Hep. A. Gehäuft wurden Hep.E -Fälle in den USA beobachtet, nachdem die Unterwassergeburt in Mode kam (39). Auch während der Geburt erworbene Hep.E -Fälle verlaufen offensichtlich ohne Probleme (39). Einen Impfstoff gibt es nicht.
In Europa noch die wichtigste Rolle im Kindesalter spielt die Hepatitis B. Auch sie wird über ein Virus verursacht, das über Körpersekrete übertragen wird. Insgesamt ist die Hepatitis, seitdem alle Schwangere daraufhin untersucht werden, sehr selten im Kindesalter in Deutschland. Sie beginnt mit Abgeschlagenheit, geringer Gelb- sucht. Gerade im Kindesalter kann es zur fulminanten Verlaufsform mit plötzlichem Leberversagen, aber auch zur chronischen Hepatitis mit Leberzirrhose und Zerstörung der Leber nach Jahren kommen. Besonders gefährdet für diesen bösartigen Verlauf der Hep. B sind Neugeborene (90%), weshalb bei nachgewiesener Hep. B der Mutter schon seit Jahren direkt nach der Geburt die aktive (mit gentechnologisch hergestelltem Virusantigen) und passive (mit Abwehrkörpern von Menschen, die eine Hepatitis B durchgemacht haben) Impfung empfohlen ist. Dadurch konnten die bösartigen Verlaufsformen fast immer vermieden werden.
Seit Ende 1995 gibt es einen gentechnologisch hergestellten Totimpfstoff der in die allgemeine Impfkampagne aufgenommen wurde. Von Anfang an war diese Entscheidung sehr umstritten und die Hep. B Impfung gehört bisher in Deutschland und der Schweiz zu den am wenigsten akzeptierten Impfungen. Die Wahrscheinlichkeit der Infektion im Kindesalter nach der Geburt ist verschwindend gering, da 1.) die Hep. B sehr selten ist und 2.) die Hep. B nur über Blut-zu-Blut-Kontakt (bzw. Körpersekret) übertragen werden kann Eine Übertragung über Speichel ist so gut wie ausgeschlossen (52). Durch die Untersuchung der Schwangeren konnte die größte Risikogruppe gefunden und mit der oben beschriebenen Impfung geschützt werden. Die zweite Risikogruppe sind die Jugendlichen im geschlechtsfähigen Alter, in dieser Gruppe werden in Deutschland bis zu 50 000 Neuerkrankungen festgestellt. Ob eine Impfung im Kleinkindesalter einen so langen Schutz vermittelt ist unklar, nach Aussagen der Impstoffhersteller wird von einer Immunität nach kompletter Impfung von 10 Jahren ausgegangen (Angaben in den Beipackzetteln). Aus der langjährigen Erfahrung mit der Hep.B-Impfung bei Klinikpersonal ist bekannt, dass der Impfschutz recht inkonstant vorhanden ist, nach Titerkontrollen mussten viele mehrfach nach- geimpft werden, bis ein ausreichender Titer vorhanden war. Über den Wert der Titerbestimmung als Möglichkeit zum Messen des Impferfolges besteht im Übrigen auch Unklarheit. (40). Über Hep. B Infektionen nach kompletter Impfung und ausreichendem Titer wird immer wieder berichtet (z.B. 41).
Eine Besonderheit der Hepatitis-B-Impfung ist, dass unter der Impfung zunehmend mutante Viren beobachtet werden, die trotz Impfung infektiös bleiben und deren klinische Verläufe eher „aggressiver“ sind, als bei der normalen Variante (20 und 28)
Nebenwirkungen der Hep. B Impfung sind überwiegend neurologische Komplikationen: Neben dem Guillain- Barree- Syndrom (Aufsteigende Lähmung) (14 und 12), werden vereinzelt Krankheiten ähnlich der Multiplen Sclerose in Zusammenhang mit dem neuen gentechnologischen Impfstoff gesehen (42 und 43), weiterhin wurden gerade in letzter Zeit, in Einzelfällen Sehstörungen durch eine Autoimmunreaktion am Sehnerven, beschrieben (53). Hierbei handelt es sich um Einzelfälle, der Zusammenhang ist durchaus umstritten (12).
Bei der geringen Infektionsgefahr und der noch unübersichtlichen Nebenwirkungssituation der Hepatitis B sollte eine generelle Impfung meiner Meinung nach gut abgewogen werden im frühen Kindesalter. Da selbst die Impfstoffhersteller von einem Impfschutz von ca 10 Jahren nur ausgehen und dann eine Auffrischimpfung empfehlen, halte ich die Empfehlung der STIKO (66) für gefährlich, da die im Säuglings- und Kleinkindesalter geimpften Jugendlichen fälschlich von einem Schutz vor Hepatitis-B- ausgehen (und diesen auch mit Schutz vor Hep-C gleichsetzen). Persönlich halte ich im Jugendlichenalter die Hep-C für die viel größere Gefahr, die nur durch Aufklärung gebannt werden kann. Aus meiner Sicht ist eine Hepatitis-B-Impfung im Jugendlichenalter, z.B. im Rahmen der J1 (12-14 Jahre) für sinnvoll. Bei Müttern mit Hep. B sollte die Simultanimpfung innerhalb der ersten 6 Stunden nach der Geburt unbedingt durchgeführt werden. Auch in Risikofamilien mit einem Mitglied mit ansteckender Hep. B kann die Impfung sinnvoll sein, wobei auch hier hygienische Maßnahmen, wie bei Hep. C und HIV genauso effektiv sind.
WINDPOCKENIMPFUNG (VARIZELLEN)
Windpocken (Varizellen) sind eine eigentlich harmlose Viruserkrankung, meist im Vorschulalter. Die Inkubationszeit nach Ansteckung ist mit 14-28 Tagen relativ lang, die Ansteckungsgefahr (Kontagiosität) ist hoch, fast alle Menschen, die noch keine Windpocken hatten, erkranken nach Kontakt. Nach der Erkrankung bleibt ein lebenslanger Schutz. Windpocken werden, neben direktem Kontakt mit den Bläschen, über den Wind verbreitet. Die Viren werden nicht ausgeschieden, sondern überleben in den Nervenknoten (Viruspersistenz). Unter bestimmten Bedingungen (z.B. kurzfristige Abwehrschwäche) können sie dort wieder aktiviert werden und, entlang des Nerven, der zu diesem Knoten gehört, bläschenartigen Ausschlag verursachen (sog „Gürtelrose“).
Die Windpockenerkrankung selbst beginnt mit oft etwas Fieber, Schnupfen und Kopfweh. Rasch folgt der bläschenartige, stark juckende Ausschlag, typischerweise beginnend am behaarten Kopf, der sich über den ganzen Körper ausbreitet. Auch die Schleimhäute sind befallen, so dass auch im Mund und im Genitale Bläschen, die dann sehr weh tun können, auftreten . Im Allgemeinen sind die Kinder wenig beeinträchtig, nach durchschnittlich fünf Tagen heilen die Bläschen ab, indem sie eintrocknen, später fallen die Krusten ab. Über die Möglichkeit der Ansteckung besteht keine Einigkeit, nach den allgemein üblichen Regeln der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) (92) dürfen die Kinder wieder in den Kindergarten, wenn alle Bläschen verkrustet sind. Für Menschen mit Immundefekten können aber auch die Krusten noch ansteckend sein, d.h. Kontakt zB. zu Kindern mit Krebserkrankungen, die gerade eine Chemotherapie bekommen, darf das Kind erst haben, wenn alle Krusten abgefallen sind (87).
Komplikationen der Windpocken sind im Kindesalter sehr selten: Meistens werden Narben nach den Windpocken gesehen, wenn das Kind arg kratzen musste. In etwa 5% der Fälle kommt es zu bakteriellen Infektionen der Bläschen. Die übrigen Komplikationen sind sehr selten: 1/4000 kommt es zum Befall des Kleinhirns mit vorübergehendem Schwindel und unsicherer Gang (Cerebellitis). Diese Cerebellitis hinterlässt bei Kindern keine Folgeschäden (87 und 92) Mittelohretzündung und Lungenentzündung sind seltene Komplikationen, allerdings im Prozentbereich. Sehr selten , 1/25000, kann eine Entzündung des Großhirn auftreten, diese kann zu Folgeschäden (Lähmungen und Ertaubung) führen.
Gefährlich sind Windpocken für das noch ungeborene Kind (8-21 Schwangerschaftswoche), es kann zu schwersten Fehlbildungen (ähnlich denen bei Röteln) kommen, wenn die Mutter selbst früher keine Windpocken hatte. Allerdings sind in Europa noch über 96% aller Schwangeren geschützt, da sie selbst Windpocken als Kind hatten. Auch das Neugeborene einer Mutter, die keine Windpocken hatte, ist gefährdet. Hatte die Mutter Windpocken, so besteht keine Gefahr, es besteht Nestschutz. Im Rahmen der empfohlenen Windpockenimpfung werden wir in der nächsten Generation Mütter haben, die gegen Windpocken keinen Nestschutz an ihre Kinderweitergeben können.
Wie bei vielen Kinderkrankheiten nehmen die Komplikationen der Erkrankung mit zunehmendem Alter des Patienten zu, Erwachsene mit Windpocken sind oft schwer krank und müssen zT im Krankenhaus behandelt werden. Das Risiko an den Windpocken zu sterben (Im Kindesalter extrem selten) ist für Erwachsene 25x er- höht (87) Konkrete Zahlen liegen dazu jedoch nicht vor (87).
Die Windpockenimpfung wurde 1993 in den USA für Kleinkinder eingeführt. Es handelt sich, wie auch jetzt, bei dem in Deutschland eingeführten Impfstoff, um ein Lebendvirusimpfstoff. Nach etwa 10 Jahren Erfahrung in den USA geht man von einer Wirksamkeit dieses Impfstoffes von ca. 97% aus (87). Allerdings wir empfohlen, eine Auffrischimpfung im Jugendalter vorzunehmen, da dieser Impfschutz wahrscheinlich nicht länger als 10-20 Jahre anhält (87). (Japanische Untersuchungen sollen eine längere Wirksamkeit belegen, zitiert in 92, ohne Quel- lenangabe)
In den USA wurde die Einführung der Windpockenimpfung niemals mit der Gefährlichkeit der Windpockener- krankung begründet, sondern mit den gesellschaftlichen Kosten durch Ausfall der Eltern im Arbeitsprozeß (93).
Auch die STIKO in Deutschland hat die Windpockenimpfung unter diesem Gesichtspunkt empfohlen (94). So, wie bei den Masern, ist der Mensch einziger Virusträger des Varizella-Zoster-Virus, so dass eine Ausrottung möglich wäre und angestrebt wird (94)
2004 hat die ständige Impfkommission (STIKO) beschlossen, ab August 2004 zusätzlich zur Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln die Impfung gegen Windpocken (Varizellen) zu empfehlen (4). Vorgesehen ist dann mit 12-15 Monaten eine Vierfachimpfung gegen die genannten Krankheiten, eine Zweitimpfung nach 4-6 Wo- chen.
Langzeitnebenwirkungen der Windpockenimpfung sind noch unklar: da es sich um ein im Körper bleibendes (persistierendes) Virus handelt, kann man es nicht mit anderen Impfungen vergleichen. Da das Impfvirus ein Lebendvirus ist, persistiert es, wie das Wildvirus, in den Nervenknoten (92). Zumindest in zwei Arbeiten wurde der Verdacht geäußert, dass das Impfvirus eine Krebsentstehung begünstigen kann. Bei beiden Arbeiten wurde Labortieren das Impfvirus gespritzt und eine Zellveränderung festgestellt (95 und 96). Solche Experimente sind ernst zu nehmen, aber oft nicht direkt auf den Menschen übertragbar. Immunologisch ist die Krebsentstehung ein langjähriger Prozess über mehr als 10 Jahre. Deshalb gibt die Beobachtung, dass in den gut 10 Jahren in den USA seit Einführung der Windpockenimpfung, bisher keine Häufung von Krebserkrankungen beobachtet wurde, keine Sicherheit .
Völlig unklar ist, was passiert, wenn, wie bei den Masern, sich das Erkrankungsalter erhöhen wird. Es ist anzu- nehmen, dass dann die Komplikationen der Windpocken massiv zunehmen werden, ähnlich der Beobachtungen nach der Einführung der Masernimpfung. Zusätzlich muß davon ausgegangen werden, dass mehr gefährdete Schwanger keinen Windpockenschutz haben werden, so dass der Druck, sein Kind zu impfen, zunehmen wird. Dies konnten wir bei der Masernimpfung beobachten. Epidemiologische Massnahmen, wie zeitweiliges Aussetzen der Impffreiheit im Rahmen des Gesundheitsschutzgesetzes (für Masern ist im Falle einer Epidemie eine Impfpflicht vorgesehen) sind zu erwarten. Ebenfalls wie bei den Masern ist der Mensch einziger Virusträger des Varizella-Virus, so dass eine Ausrottung möglich wäre und auch angestrebt wird. (94)
HUMANES PAPILLOMA VIRUS (HPV)
Beim Humanen Papillomavirus handelt es sich um eine Gruppe von Viren, die im Rahmen von Geschlechtsverkehr übertragen werden und dann entweder zu Genitalwarzen (Feigwarzen) oder zu Veränderungen am Gebärmutterhals führen können, die selten bösartig entarten können (Gebärmutterhalskrebs, Cervixcarcinom). Seit 2006 gibt es einen Impfstoff gegen einen Teil dieser Viren, der mit bisher unbekanntem Werbeaufwand in allen Staaten der westlichen Welt „gepusht“ wurde (99). Mitte 2007 wurde dieser Impfstoff in Deutschland zugelassen und, ebenfalls, bisher einmalig, direkt von der STIKO empfohlen. Dabei lagen zu diesem Zeitpunkt die Studien, die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffes untersuchen, nicht vor, sie waren noch nicht abgeschlos- sen!! (99) Dieses Vorgehen ist bisher, wie gesagt, einmalig und zeigt, welchen Druck die Pharmaindustrie inzwischen ausübt um ein hervorragendes Geschäft zu machen (der Impfstoff kostet, ebenfalls einmalig, über 400 €, ist damit teurer als alle empfohlenen Impfstoffe zusammen!).
Nach Vorlage der eigentlichen Zulassungsstudie zeigte sich, dass der erste Impfstoff (GARDASIL) eine Wirksamkeit von 17% hat, wenn es um die Veränderung am Gebärmutterhals geht (Cervixdysplasie), eine Verringerung des Gebärmutterhalskrebses konnte nicht gefunden werden (zu kurze Studiendauer). D.h. der Impfstoff GARDASIL wirkt nur gegen eine kleine Gruppe der HP-Viren, die Wirkung gegen den Gebärmutterhalskrebs ist völlig unklar, maximal 17% könnten theoretisch verhindert werden. Inzwischen hat die Firma einen neuen Impfstoff entwickelt, der jetzt, statt bisher 4 Keime, 9 relevante Keime abdeckt (2016). Damit ist eine deutlich höhere Wirksamkeit möglich: Veränderungen, die zu Krebs führen können am Gebärmutterhals nehmen in ersten Studien um knapp 43% ab (116).
Sicher ist aber, dieser neue Impfstoff ist deutlich besser, als der Alte, hier waren ca 1/5 der geimpften Frauen möglicherweise geschützt, hier sind es 2/5 evt.
2018 zeigen finnische Daten erstmals eine Abnahme von Cervixcarcinomen bei HPV-geimpften Frauen (121). Im finnischen Krebsregister (das alle Krebserkrankungen in Finnland erfasst) wurden im Zeitraum 2007 bis 2015 bei geimpften Frauen keine HPV-abhängige Cervixcarcinome gefunden, während in der nicht geimpften Gruppe 10 Fälle pro Jahr gefunden wurden. Damit ist erstmals bewiesen, dass die HPV-Impfung wirksam vor Cer- vix-CA schützt, was meine Einschätzung der Impfung insofern verändert, als ich jetzt eine Empfehlung aussprechen kann
Nebenwirkungen der HPV-Impfung sind relativ unklar, in den USA wurden 371 schwerwiegende Komplikationen nach GARDASIL berichtet (bei mehreren Millionen Impfdosen), darunter Krampfanfälle, Lähmungen der Gesichtsnerven und Guillain-Barre-Syndrom (99). 15 Todesfälle wurden berichtet, wobei einige der jungen Frauen die „Pille“ einnahmen, was per se das Sterberisiko erhöht. (99 und 100). Schließlich ist bei einem Impfstoff der kausale, also bewiesene ursächliche Zusammenhang zwischen dem Tod des Geimpften und dem Impfstoff meist nicht beweisbar. Im Zusammenhang mit dem Ende 2007 auf den Markt gekommenen Impfstoff CERVARIX gegen HPV sind bisher keine Todesfälle gemeldet, allerdings gibt es damit auch weniger Erfahrungen, und er deckt nur 2 der relevanten Keime ab.
Trotzdem wurde die Impfung ab dem Alter von 11 Jahren empfohlen von der STIKO. Aktuell hat diese inzwischen von vielen Experten in Zweifel gezogene Empfehlung das Arzneimitteltelegramm aufgegriffen (eine der ganz wenigen Fachzeitschriften zu Medikamenten in Deutschland, die nicht über Anzeigen von der Pharmaindustrie abhängig ist, daher eine der wenigen vertrauenswürdigen Quellen) und den Rücktritt der STIKO gefordert (101) Im Jahr 2010 ist dieser dann auch erfolgt.
2011 sind die ersten Studienergebnisse veröffentlicht, die etwas über die Langzeit-Wirksamkeit der beiden zugelassenen HPV-Impfstoffe aussagen: bei jungen Frauen, die zwischen 12 und 17 Jahren geimpft wurden nimmt das Auftreten höhergradiger Cervixdysplasien (Vorstufen zum Gebärmutterhalskrebs, die bei Vorsorgen gefunden wurden) ab. Aber bei Frauen, die nach dem 17. Geburtstag geimpft wurden, ist keine Abnahme zu sehen! Vielleicht, weil diese Frauen schon vorher über Sexualkontakte geimpft wurden? Aber, auch bei Frauen, die zwischen 12 und 17 Jahren geimpft wurden nehmen nach dem 18. Geburtstag die Dysplasien wieder zu, was für eine relativ kurze Wirksamkeit der Impfung sprechen könnte!
Wie könnte eine vernünftige Entscheidung aussehen? Gibt es in der Familie Mitglieder mit HPV-abhängigem Gebärmutterhalskrebs, würde ich eher zu einer Impfung tendieren, dann aber mit Gardasil 9. Eine mögliche Reduktion dieses familiären Risiko um max 43% ist wahrscheinlich Ich würde so spät, wie möglich (vor erstem Sexualkontakt) impfen, da der Impfstoff ja unvorhersehbar lange wirksam ist, möglicherweise 10-15 Jahr. Die Partnersuche mit häufiger wechselnden Partnern (und hohem Ansteckungsrisiko) geht heut bis ca. Mitte 20, z.T auch länger (an die „zweite Auflage“ denkt bei der Impfung eh keiner).
Bei Jugendlichen, die keine familiäre Geschichte bezüglich Gebärmutterhalskrebs haben, würde ich eher länger überlegen, ob die Impfung sinnvoll ist. Ich würde in diese Entscheidung immer die Tochter miteinbinden und deren Votum stark werten, es geht um ihre Zukunft.
Nachdem aber 2018 erste gute Daten eine Wirksamkeit der Impfung gegen Cervix-CA durch HPV ausgelöst, zeigen, würde ich auch hier eher eine Impfung empfehlen.
Neu (2018) ist die Empfehlung der STIKO auch die Jungen zu Impfen (122). Begründet wird dies damit, dass, natürlich, die Jungen Überträger des HPV-Virus im Sexualverkehr sind und der Schutz der Mädchen, durch die Impfung der Jungen, deutlich erhöht werden kann. Diese Argumentation ist schlüssig. Zusätzlich argumentiert die STIKO (122) mit den sehr selten bei Männern durch HPV ausgelösten Tumoren des Penis und im Rachen, die wahrscheinlich verringert werden könnten.
ROTAVIRUS-ENTERITIS
Rotavirus ist eine Gruppe von Viren, die eine schwere Magen-Darm-Infektion verursachen, in Deutschland, neben dem NORO-Virus, wahrscheinlich der häufigste Keim, der zur stationären Einweisung wegen eines Ma- gen-Darm-Infektes mit Austrocknung führt. Seit 2006 gibt es einen Impfstoff, der als Tropfen eingenommen wird und gut schützt. Schon vorher gab es einen anderen oralen Impfstoff, der aber wegen schwerer Komplikationen (Darmverschluß) wieder vom Markt genommen wurde. Auch zu dem neuen Impfstoff gibt es wieder Be- richte über akuten Darmverschluß nach Impfungen (www.fda.gov/cber/safety/phnrota021307.htm). Die Rotavirusimpfung ist in Deutschland von der STIKO seit August 2013 empfohlen. Ziel der Impfempfehlung der STIKO ist es, die Zahl der Krankenhausaufenthalte von Säuglingen und Kleinkindern bei Magen-Darm-Infekten zu reduzieren (112). Eine geringe Zunahme von Invaginationen (Darmverschlingungen) durch den Impfstoff
hält die STIKO für vertretbar (112), wobei dieses Risiko altersabhängig zunimmt, d.h. hier wäre eine möglichst frühe Impfung (ab 6.Woche) sinnvoll. Es handelt sich um eine Lebendimpfung, im Darm können die Impfviren „zurückmutieren“ und dann ist das Kind über den Stuhl für andere Menschen für einige Tage ansteckend. Das muss beachtet werden, wenn das Kind Kontakt mit anderen Kindern (PEKIP) oder anfälligen Menschen (Großeltern mit Erkrankungen) hat!
Aus meiner Sicht ist diese Impfung nach wie vor entbehrlich, zumal auch andere Magen-Darm-Infekte (z.B. durch Noro-, oder Astroviren) ähnlich schwere Verläufe machen.
FRÜHSOMMER-MENINGO-ENZEPHALITIS (FSME)
Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) ist eine Viruserkrankung des Gehirns und der Hirnhäute, übetragen durch einen Zeckenbiss. Nicht zu verwechseln ist diese Erkrankung mit der sehr viel häufiger durch Zecken übertragenen Borrelliose oder der Ehrlichiose. Die FSME kommt nur in umschriebenen Gebieten vor, in unserer Region nur im Bereich Birkenfeld und, seit Sommer 2012, auch im Bereich des Rohrbacher Weihers (Saar-Pfalz-Kreis) (109). (Ansonsten im Bayerischen Wald, Österreich, Teilen Baden-Würtembergs und Thürin- gen).
Ein Gebiet wird dann als Risikogebiet für die FSME definiert, wenn innerhalb von 4 Jahren fünf oder mehr FSME-Erkrankungen dort auftraten, die nicht in anderen Regionen erworben sind. Für das Saarland sind 2008 3 Fälle, 2009 und 2011 jeweils 1 Fall von FSME im Gebiet des Rohrbacher Weihers aufgetreten (109). Damit ist der Saar-Pfalz-Kreis für die nächsten 20 Jahre als Risikogebiet festgestellt (109).
Im Kindesalter kommt es, nach Zeckenbiss durch eine FSME-positive Zecke, nur sehr selten zu einer massiven Hirnentzündung, meist kommt es zu Kopfschmerzen und Symptomen, die einer Grippe ähnlich sind (66). Blei- bende Schäden oder Todesfälle gibt es, bei Kindern, nicht (66). Die STIKO empfiehlt bei Kindern unter 3 Jahren eine besonders sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung, ansonsten die Impfung im Kindesalter bei längerem Auf- enthalt im Risikogebiet, mit längerem Kontakt im Wald (z.B. Forstwirtschaftspraktikum) (87).Für das Saarland gilt ab Sommer 2012 eine Impfempfehlung durch die STIKO (109).
Die Impfung gegen FSME gehört zu den schlecht verträglichen Impfungen, Nebenwirkungen beziehen sich überwiegend auf das Nervensystem: Anfälle, Nervenlähmungen, Kopfschmerzen, Fieber werden (selten) berich- tet (110). Angesichts der geänderten Risikolage im Saar-Pfalz-Kreis sollte die Impfentscheidung gründlich ab- gewogen werden. Da von langfristigen Schäden durch FSME-Infektion fast ausschließlich Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren betroffen sind, sollten sich Eltern vor ihren kleinen Kindern impfen lassen! (114)
TUBERKULOSE
Die Tuberkulose ist eine bakterielle Erkrankung, die früher schwere Epidemien verursacht hat, Epidemien, die neben den Pocken ganze Landstriche in Europa und Amerika entvölkert haben. Noch heute ist die Tuberkulose eine der häufigsten zum Tode führenden Erkrankungen in der gesamten Welt, besonders in der sog. Dritten Welt. Im Rahmen der HIV-Seuche breitet sie sich auch wieder vermehrt in der westlichen Hemisphäre aus. Keine Krankheit hat so deutlich gezeigt, dass Armut, Unterernährung und schlechte hygienische Bedingungen wesentliche Faktoren für die Ausbreitung von Infektionen sind. Mit zunehmendem Wohlstand in Europa und den USA, mit besseren Ernährungsbedingungen und Wohnbedingungen nahm die Tuberkulosehäufigkeit rapide ab. Weder Impfung, die eine der ersten empfohlenen Impfungen überhaupt war, noch der Einsatz der sehr potenten Antibiotika sind wesentlich für den massiven Rückgang der Tuberkulose in unseren Breiten verantwortlich. Trotz dieser Maßnahmen wird in den letzten 10 Jahren wieder eine beunruhigende Zunahme der Tuberkulose gesehen.
Die Geschichte der Tuberkuloseimpfung zeigt, dass geduldige und fundierte Aufklärung in den schulmedizinischen Kreisen nicht ignoriert wird, nach vielen Jahren mit vielen kleinen Studien, die immer wieder die Unwirksamkeit der nebenwirkungsträchtigen BCG-Impfung zeigten wurde diese, nach einer zusammenfassenden sog. Metaanalyse (44) im Mai 1998 aus der allgemeinen Empfehlung für Deutschland herausgenommen. Heute wird in Deutschland keine BCG-Impfung mehr durchgeführt, seit 2007 ist sie auch in Frankreich verboten.
Verfasser: Bernhard Ulrich, Arzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Arzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin.