Zusammenfassung
Die folgende Übersicht bietet einen kurzen Überblick über historische und anwendungsorientierte Unterschiede zwischen Osteopathie und Yoga sowie ihrer Berührungspunkte. Ein wesentlicher Unterschied ist z.B., dass im Yoga das eigene Engagement im Vordergrund steht. Lehrer wie Schüler sind hier gleichermaßen in ihrer Praxis und in ihrer Beziehung gegenüber unterschiedlichen Sichtweisen in ihrem Leben gefordert. In der Osteopathie – als einer Form eines Behandlungssystems – bleibt der Patient nicht selten relativ passiv, gegenüber des aktiven osteopathischen Therapeuten.
Im Folgenden werden anhand einiger praktischer Beispiele Berührungspunkte zwischen Yoga und Osteopathie herausgestellt. Die Bedeutung der Körperlichkeit sowie Vorgehensweisen zu Heilungs- und Bewusstwerdungsprozessen mittels der Körperlichkeit sowie mögliche Reduktionismen im Yoga und in der Osteopathie werden diskutiert. Ähnlichkeiten und sich ergänzende Sichtweisen in Grundhaltungen und Ausrichtungen (z.B. anhand des Konzepts der Stille) in Yoga und Osteopathie werden dargestellt.
Schlüsselwörter
Osteopathie, Yoga, Hathayoga, Körperlichkeit, Heilung, Bewusstsein, Asana, Pranayama, Stille, Dekonditionierung, Gewebe-Energie-Bewusstseins-Korrelanz
Einleitung
Historisch gesehen bestehen große Unterschiede zwischen Yoga und Osteopathie. Während Yoga bereits einige tausend Jahre in Indien existiert, entstand die Osteopathie etwa Mitte des vorletzten Jahrhunderts, vor allem als Reaktion auf ein frühes allopathisches Medizinmodell in den USA.
Die Osteopathie geht vor allem als quasi Offenbarungslehre auf Still zurück, das Yoga als Offenbarungslehre ist nicht auf eine einzige historische Person zurückzuführen.
Von Beginn an hat die Osteopathie ebenso wie körperlich orientierte Yogaformen eine Körper-Geist-Seele-Einheit postuliert. Dieser Einheit nähert man sich in der Osteopathie wie auch im Hathayoga primär über den Körper. Dabei bestehen jedoch deutliche Unterschiede in der praktischen Ausrichtung und Zielsetzung:
Die Osteopathie stellt ein manuelles Medizinsystem dar, mit dem Schwerpunkt, Gesundheit im Organismus zu fördern. Sie umfasst spezielle manuelle Diagnose- und Therapiemethoden, mit dem Hauptfokus auf strukturelle Beziehungen und Wechselwirkungen der verschiedenen Gewebe und ihrer Funktion.
Auch wenn offensichtlich vor allem der gesundheitliche Aspekt der körperlich orientierten Yogaformen im Westen besondere Wertschätzung erfährt, ist das traditionelle Hathayoga und das Yoga nach Patanjali wie auch alle anderen Yogaformen jedoch primär eine auf Erfahrung basierende Methode zur Bündelung der Geistesbewegungen, zur Befreiung kontraktiver Konditionierungen sowie zur Hinwendung auf unmittelbares Gewahrsein, auf eine unverzerrte, unkonditionierte Wahrnehmung und auf ein höheres postpersonales-postrationales Selbst.
Deutlich ist der Unterschied in der Ausrichtung: Im Yoga geht es um die Praxis, Verantwortung und Einsicht des Praktizierenden. Lehrer wie Schüler sind hier gleichermaßen gefordert. In der Osteopathie – als einer Form von Behandlungssystem – bleibt der Patient nicht selten relativ passiv, im Gegensatz zum aktiven osteopathischen Therapeuten.
Berührungspunkte – praktische Beispiele
Trotz dieser Unterschiede gibt es jedoch viele Berührungspunkte zwischen einer Yogapraxis und einer osteopathischen Behandlung. Ein Beispiel aus der Praxis:
Ein Wirbel ist „blockiert“, d.h. in seiner Beweglichkeit eingeschränkt, mit Verspannungen und/oder Fibrosierungen an Bändern und kleinen tief liegenden Muskeln. Dies kann z.B. durch ein körperliches (oder auch seelisches) Trauma oder eine Organstörung hervorgerufen worden sein, ein Ereignis, das nicht selten schon Jahre zurückliegen kann. Möglicherweise bleibt dies zunächst völlig symptomlos. Beginnt der Patient mit einer Form des Hathayoga, wird er meist schon sehr bald erste positive Veränderungen in seinem Leben wahrnehmen.
Es ist jedoch auch möglich, dass selbst durch fortgeschrittene Yogapraxis fixierte Wirbel sich nicht unbedingt auflösen, sondern im Gegenteil ober- oder unterhalb liegende Wirbelsegmente eine Überflexibilität entwickeln. In der Regel spürt der Yogapraktizierende dann keine Beschwerden im betroffenen Wirbel, sondern die Symptome entstehen im Laufe der Zeit in den hyperflexiblen Regionen, sei es ober- und/oder unterhalb des betroffenen Wirbels.
Es passiert nur in seltenen Ausnahmen, dass der Yogapraktizierende so viel Bewusstheit in der Yogapraxis entwickelt, dass er z.B. bei der Ausführung von Vorwärts- oder Rückwärtsbeugen tatsächlich die Spannungen um den betroffenen Wirbel berücksichtigt, denn das würde in der Tat diesem Wirbel die Möglichkeit geben, sich wieder in die Körperphysiologie zu integrieren.
Hier kann eine osteopathische Behandlung helfen, zum einen, indem sie exakt befundet, welcher Wirbel und welches damit zusammenhängendes Gewebe tatsächlich eine Bewegungseinschränkung aufweisen, und zum anderen, indem sie diese durch sanfte Impulse wieder korrigiert.
Ein weiteres Beispiel ist ein Längenunterschied der unteren Extremitäten, sei es eine echte oder durch eine Beckenverwringung hervorgerufene kompensatorische Längendifferenz von mehr als einem Zentimeter: Unbehandelt kann hier z.B. eine regelmäßig ausgeführte Vorwärtsbeuge im Stand (Padangusthasana) auf Dauer Schmerzen und Störungen hervorrufen. Durch die Asymmetrie entwickelt sich bei Ausübung eine große ungleiche Spannung vor allem in der unteren Wirbelsäule und im Iliosakralgelenk, die vielleicht sogar Bandscheibenvorfälle provozieren oder auslösen könnte. Falls diese Störungen sich osteopathisch nicht auflösen lassen, ist es z.B. sinnvoll, während der Vorwärtsbeuge im Stand (Padangusthasana) das Knie des längeren Beines leicht zu beugen.
Auf der anderen Seite erfahren in meiner Praxis die meisten „chronisch kranken“ Patienten eine Besserung, wenn sie beginnen, wieder selbst Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Hier kann Yoga wie auch viele andere Wege sehr hilfreich sein.
Heilungs- und Bewusstwerdungsprozesse mittels Körperlichkeit
Unsere Körperlichkeit bildet sich je nach genetischen Informationen und dem Umfeld, in dem genetische Informationen stimuliert, ausgelöst und ausgedrückt werden. Zahlreichen gestaltbildenden Kräften sind wir bereits von Anbeginn unserer Entwicklung ausgesetzt (elektrische, magnetische, elektrodynamische Felder, morphogenetische Felder, Biophotonen, UV-Lichtfrequenzen, chemotaktische Mechanismen, mechanische Belastungen etc.) [1]. Prä- und perinatale Erlebniswelten können einen nachhaltig prägenden Einfluss auf unser Leben nach der Geburt ausüben [2]. Wir entwickeln uns bereits im Mutterleib in relativer Abhängigkeit und Wechselbeziehung zur Mutter und über die Stimmungen und Erfahrungen der Mutter indirekt auch zur Außenwelt [3, 4]. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen sogar, dass unsere Gesundheit bereits lange vor der Befruchtung durch den Gesundheitszustand unserer Eltern (z.B. durch Exposition mit fettlöslichen Chemikalien) mit beeinflusst wird [5–14].
Weitere Faktoren die unsere Körperlichkeit beeinflussen sind:
- physikalische und neurobiologische Wirkmechanismen [16],
- das familiäre, emotionale, historische, kulturelle und gesellschaftliche Umfeld und die biosoziale Umwelt, in denen wir aufwachsen und leben,
- Geburtserfahrungen sowie besonders die ersten Lebensjahre,
- unsere Ernährung,
- Krankheiten, Unfälle, psychische Traumata,
- Lern- und Arbeitsbedingungen,
- zahlreiche Rhythmizitäts-bestimmte Regulations- und Organisationsmuster [17],
- weitere Einflüsse, Belastungen und Gewohnheiten,
- Lebensmuster, die wir uns aneignen und Entscheidungen, die wir treffen.
All dies prägt uns, d.h. konditioniert uns, wie wir uns selbst und die Welt um uns herum wahrnehmen und uns mit dem identifizieren, was wir unser „Ich“ nennen. Unser Körper, seine physiologischen Abläufe und unsere Art zu fühlen, zu denken und wahrzunehmen werden durch all diese Faktoren beeinflusst und determiniert.
Das eigene innere Wachstum ist aufs Engste mit dem Verstehen, der Auseinandersetzung, dem Akzeptieren, dem Integrieren und dem Meistern der oben dargestellten Bewusstseinsinhalte, Erlebnisse und Einflüsse verknüpft.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich Gefühls-, Gedanken- und Glaubensmuster sozusagen im Organismus verkörperlichen [44–46]. So zeigt jeder Mensch je nach den Erfahrungen, die er gesammelt hat, ganz spezifische Körpermerkmale, -haltungen und -spannungen. Verallgemeinert könnte man sagen, je stärker die unverarbeiteten Energien, Erfahrungen und Ereignisse sind, desto stärker sind in der Regel Verhärtungen, Verspannungen und Verfestigungen bzw. desto unzureichender ist die Stabilität in Körper und Seele. Es besteht sozusagen eine Gewebe-Energie-Bewusstseinskorrelanz [18].
Körperlich ausgerichtete Yogaformen ebenso wie die Osteopathie nutzen und benutzen den Körper, um eine Dekonditionierung von abnormen chronischen Körperspannungen und Fehlhaltungen zu erreichen. Ob durch Osteopathie und Hathayoga ebenso eine Integration von einschränkenden Bewusstseins-, Gefühls- und Glaubensmustern und bindenden Selbstbilder erreicht wird, hängt stark davon ab, inwieweit diese in der praktischen Anwendung tatsächlich ausreichend und adäquat berücksichtigt werden. Es scheint jedoch gegenwärtig so zu sein, dass Yogaübender wie auch der Osteopathiepatient in der Regel wenig unterstützt werden, Zusammenhänge zwischen Lebensumständen und ihrem Verhalten und den damit zusammenhängenden physischen und psychischen Reaktionen bewusst zu werden und die Einflüsse nichtbewusster Inhalte auf Ihre, Befindensstörungen, Körperspannung und Körperstatik verstehen zu lernen.
- So werden die subjektiven Ebenen in der osteopathischen Praxis zwar postuliert, meist jedoch nur völlig unzureichend erforscht und unreflektiert umgesetzt. Wissenschaften (wie z.B. Empirismus, Positivismus, Neuro- und Kognitionswissenschaften) ermöglichen weitreichende Erklärungen in Bezug auf die Zusammenhänge und Einflüsse zwischen Körper und Geist.
- Die große Stärke der Hathayoga-Tradition besteht demgegenüber darin, eine immense Fülle an Informationen über das Potenzial des menschlichen Körper-Verstand-Gemüt-Systems [47] aus einer subjektiven Sicht des Praktizierenden zu offerieren, mit Vorgehensweisen, die auf eine lange und vielfach erprobte Tradition verweisen können.
- Hingegen beleuchten z.B. die Hermeneutik und der Neostrukturalismus der Postmoderne intersubjektive Faktoren, die im Yoga wie in den objektiven Wissenschaften gleichermaßen nicht berücksichtigt wurden.
- Hermeneutik und Neostrukturalismus ebenso wie die Erkenntnisse der objektiven Wissenschaften könnten helfen, verklärte Erklärungsmodelle und unangemessene metaphysische Dogmen des frühen Yoga zu relativieren und stattdessen die Essenz umso erfahrbarer zu machen.
Die Asanas (Körperhaltungen) im Yoga können uns mit unverarbeiteten Erfahrungen und Gefühlen konfrontieren. Gleichzeitig sind sie in der Lage, uns mit unseren inneren Ressourcen und Kräften zu verbinden. Durch bewusste Atmung und inneren Fokus in Verbindung mit den Asanas wird es möglich, die im Gewebe gespeicherten Empfindungsmuster auf eine sanfte und bewusste Art und Weise zu durchleben und zu integrieren. Indem der Körper durch das Yoga schrittweise flexibel wird, besteht außerdem die Chance, dass wir auch in unserem Inneren mehr Flexibilität erreichen. Gebundene Energien werden so zunehmend integriert und frei und kommen wieder ins Fließen. Dadurch erleben wir den Augenblick mit mehr Präsenz, Freude und Lebendigkeit und werden nebenbei gleichzeitig gesünder.
So wird das Hathayoga auch als Prozess beschrieben, physisches, mentales, emotionales und psychisches Gleichgewicht zu erlangen, indem das ganze Wesen beginnend vom physischen Körper systematisch verfeinert, gestärkt, transformiert und geläutert wird, um in die Lage versetzt zu werden, höhere Ebenen des Bewusstseins zu erfahren [19].
In der Osteopathie kann dies z.B. geschehen, indem dysfunktionelle Körperspannungen befundet und gelöst werden. Auch hier besteht die potenzielle Chance, dass damit assoziierte Energie-Bewusstseins-Muster relativiert und neu integriert werden.
Mögliche Reduktionismen körperlich orientierter Yogaformen und der Osteopathie
Entsprechend dem oben gesagten ist im körperlich ausgerichteten Yoga auch nicht das primäre Ziel, Körperakrobatik zu vollbringen oder besondere Körperverknotungen zu verwirklichen. Wer dies glaubt, hat in der Tat das tiefere Ziel des Yoga missverstanden und verfehlt [20]. Hier liegt in der ausschließlichen Beschäftigung mit körperlichem Yoga auch eine gewisse Gefahr: Durch die zunehmende Dehnbarkeit und Kräftigung des Körpers kann unter Umständen eine Überidentifikation des Yogapraktizierenden mit seinem Körper entstehen und die kontraktile Natur der Ich-Identifikation kompensatorisch auf die Körperlichkeit projiziert werden. Dies vermindert die Fähigkeit das Gewahrsein in der Gegenwart fokussiert zu lassen und behindert die Integration des kleinen Ich in einer überpersönlichen, überbewussten, postrationalen Bewusstseinskonstanz.
Deshalb betont bereits die Hauptschrift über Hathayoga, dass dieses sein Potenzial nur entwickelt, wenn es in den größeren Rahmen des Rajayogas (Yoga der Geisteskontrolle) gestellt wird [21,22], sowie nur im Rahmen von anderen Bewusstseinsübungen und Richtlinien, die die Beziehung und Haltung zu anderen (bzw. zur Außenwelt) und die Beziehung zu mir (bzw. nach Innen) reguliert und harmonisiert [23] (Yama und Niyama). In Patanjalis Sutren, der ersten methodologischen Schrift zum Yoga, nehmen die Asanas nur einen sehr geringen Raum ein, neben vielen anderen Betrachtungen und Bewusstseinsausrichtungen, wie z.B. Pranayama (Atembewusstheit/Atemkontrolle), Rückzug der Sinne, Konzentration, Meditation etc. [24].B
Historisch gesehen bestand Hathayoga ursprünglich nur aus sechs Kriyas (yogische Reinigungsübungen). Später kamen dann Asanas, Pranayama, Mudra (Siegel, symbolische Handgeste, Handstellung) und Bhandas (Verschlüsse) hinzu [19].
Auch wenn zweifelsohne wichtige Bezüge und Wechselwirkungen zwischen Körper, Gefühls- und Bewusstseinswelt existieren, besteht – vor allem bei dem im Westen anzutreffenden überbetonten Körperkultwahn des Hathayogas – ein weiterer Reduktionismus darin, den Grad der Körperflexibilität mit dem Grad der Persönlichkeitsentwicklung gleichsetzen zu wollen. Ganz sicher ist es unrichtig und zu eindimensional, ausschließlich vom Ausmaß der Körperflexibilität Rückschlüsse auf die Bewusstheit eines Menschen zuzulassen.
Es scheint sogar im Gegenteil so zu sein, dass zahlreiche zu unterscheidende Entwicklungslinien im Menschen sich relativ unabhängig voneinander und im unterschiedlichen Tempo schrittweise entwickeln [25], so z.B. die kognitive Entwicklung [26,27,28], Werteentwicklung [29], emotionale Entwicklung [30], Entwicklung von Bedürfnissen [31], spirituelle Entwicklung und die körperliche Performance.
Hier besteht eine gewisse Gefahr, dass ein zu starker Fokus auf erhöhte Körperflexibilität und Körperbeherrschung im Hathayoga verdrängte Elemente oder niedere Ebenen anderer Entwicklungslinien (z.B. im Bereich zwischenmenschlicher Beziehungsfähigkeit) überdeckt und kompensiert (anstatt eines Entwicklungsprozesses von zunehmender Akzeptanz, Differenzierung, Relativierung und Integration) und unter Umständen sogar dissoziierend wirkt. Dies bezieht sich vor allem auf die im Übermaß körperbetonten Yogaformen. Eine derartige Entwicklung kann sich allerdings in vielen Schattierungen jedweder Disziplin und vor allem in monopolistisch agierenden Vorgehensweisen zeigen.
In der Osteopathie ist die Gefahr der Reduktion anders gelagert: In der Übersetzung menschlicher, zwischenmenschlicher Phänomene auf ausschließlich anatomisch-physiologische Prozesse – häufig Kennzeichen aktueller osteopathischer Vorgehensweisen – besteht die Gefahr einer Reduzierung der Person und zwar dann, wenn innerliche Erfahrungen auf die energetische Ebene oder das Körperliche reduziert werden. So können strukturell-physiologische Dynamiken zwar als Bedingung, nicht aber als hinreichende Ursache für menschliche Phänomene angesehen werden [32]. Um die sogenannte „Ganzheit“ des Patienten zu behandeln, reicht es nicht aus, nur das Gewebekorrelat zu behandeln.
Eine weitere damit zusammenhängende Gefahr besteht darin, dass die osteopathische Behandlung es dem Patienten unter Umständen erschwert, eigene Verantwortung für sein körperlich-psychisches Befinden zu übernehmen. So passiert es nicht selten, dass der Patient seinen Körper einem Osteopathen einfach zur Behandlung übergibt, ähnlich wie ein Auto, das man in der Werkstatt reparieren lässt. Nimmt der Osteopath diese Rolle unreflektiert an, verpasst er die Chance dem Patienten zumindest die bewusste Entscheidung zu ermöglichen, aktiv im Heilungsprozess teilzunehmen. Das erschwert dem Patienten, sich der Zusammenhänge zwischen Lebensumständen, dem eigenen Erleben und Verhalten einerseits und den damit in Verbindung stehenden Befindensstörungen, Dysfunktionen andererseits bewusst zu werden.
Erforderlich sind die Erarbeitung von Methodiken und Fähigkeiten, um auftretende innerliche Bewusstseinskomponenten im Patienten erfahren, berücksichtigen und in der Behandlung integrieren zu können. Das heißt z.B. die Entwicklung von Vorgehensweisen, die eine aktive Einbindung des Patienten im Heilungsprozess fördern – beispielsweise im Sinne einer Palpationspraxis, die den Patienten unterstützen Bedeutungszusammenhänge zwischen Befindensstörung, Dysfunktion und innerlichen und äußerlichen Lebenszusammenhängen zu erfahren und zu verstehen.
Hinzu kommt, dass es in der Osteopathie – im Gegensatz zum Yoga – so gut wie keine methodologische Grundlage zur Förderung der Entwicklung subjektiven Erlebens im Therapeuten (wie auch im Patienten gibt) mit Ausnahme der Techniken des palpatorischen Gewebeerlebens in der osteopathischen Ausbildung. Der Osteopath ist meist wenig vorbereitet auf die Berücksichtigung innerer Erlebniswelten des Patienten (wie auch seiner eigenen). Die Phänomenologie lehrt hier, dass insbesondere die Auseinandersetzung mit dem raum-zeitlichen Charakter des Daseins, des Leiblichseins, dem Miteinandersein in einer gemeinsamen Welt, dem Gestimmtsein, das Gedächtnis und Geschichtlichsein, das Sterblichsein, die allgemeine Offenständigkeit des Daseins und die Entfaltung dieser tragenden Möglichkeiten zur Freiheit des Daseins hinführen [33].
Innerhalb der Osteopathie bestehen gegenwärtig zahlreiche notwendige Bestrebungen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit viel Aufopferung von Einzelnen, mithilfe objektiver Wissenschaften Wirkungsnachweise zu untersuchen. Auf der anderen Seite treten in einzelnen – vor allem dem „Kranialem“ nahestehenden – Bereichen, unter dem Mantel von Ganzheitlichkeit völlig unreflektierte regressive Tendenzen in Erscheinung, z.B. in Veröffentlichungen prärationaler osteopathischer Neospirituellen, embryonaler Heilslehrern, quantenphysikalischen Schädelknochenrenkern und fundamentalistischen Gottesheilern mit einer beängstigenden steigenden Zahl von Jüngern.
Auch wenn der quasi objektive Positivismus und mit ihm die „evidence based medicine“ zweifelsohne nicht verabsolutierend in der Osteopathie angewendet werden sollte, so scheinen doch diese magischen Hände und Ihre Geister nicht selten in tiefsten selbsthypnotischen Zuständen und Größenwahn festzustecken.
Im Yoga wie in der Osteopathie fehlen gleichermaßen nicht selten die Integration und Umsetzung intersubjektiver Erkenntnisse. So werden im Yoga zum Teil traditionelle Yogaformen einfach übernommen, ohne kulturelle Unterschiede ausreichend zu würdigen und zu berücksichtigen.
Die so wichtige Bedeutung der Intersubjektivität sowie neostrukturalistischer Ansätze zur Relativierung monopolistischer innerer Erfahrungen werden im Folgenden etwas ausführlicher diskutiert. Im Yoga verabsolutiert fast durchgängig jeder Praktizierende, seine eigene innerliche Erfahrung. Jedoch sind die Inhalte seines Gewahrseins das Eine, die psychologischen individuellen und die kollektiven Strukturen, vor deren Hintergrund Bewusstseinsinhalte erst „gesehen“ und interpretiert werden, etwas anderes. Diese Strukturen sind einer rein phänomenologischen Praxis weitgehend unzugänglich [49]. Eine lediglich subjektive Innenschau – selbst wenn sie nicht aggressiv ausschließend agiert, sondern mit Bescheidenheit bekleideter Ignoranz und noch so aufrichtig und hingebungsvoll betrieben wird – kann diese nicht erkennen. Durch eine „monologische“ Innenschau können wir zwar die Phänomene unseres individuellen Bewusstseins immer besser studieren, doch sowohl psychodynamische Aspekte (a la Freud und Jung) sowie auch Entwicklungsstrukturen (a la Gebser, Graves, Kegan, Cook-Greuter) entdecken wir dadurch nicht [49]. Diese werden nur durch ein Verständnis der jeweiligen individuellen und geschichtlich- historischen kulturellen Kontexte (intersubjektiver Strukturen) möglich, wofür eine dialogische und hermeneutische Praxis unverzichtbar ist. Nicht selten herrscht gerade hier ein außerordentlicher Widerwille „bei gewissen Yogapraktizierenden“. Vielleicht weil die verfängerischen monopolistischen Modelle mit ihren Versprechungen und nicht selten Forderungen, uns leicht dazu verführen unsere Mündigkeit im Eingangsbereich abzugeben – im süßen Glauben, endlich unser neues Zuhause, jenseits verwirrender Worte und Meinungen gefunden zu haben.
Daraus resultieren abstruse, teilweise gefährliche blinde Übernahmen indischer Techniken und Systeme in westliche Yogastudios. Wird zum Beispiel nicht berücksichtigt, dass Inder gegenüber dem Westler seit frühester Kindheit im Schneidersitz sitzen und deshalb bestimmte in Indien entstandene Hathayogasysteme einfach nicht 1:1 an Westler angepasst werden können, läuft Gefahr, körperliche Schäden, wie Knieverletzungen seiner Teilnehmer in Kauf zu nehmen. Fundamentalistische Züge (bloss nicht vom Ursystem abzuweichen) vor allem in Verbindung mit rigiden Persönlichkeitsstrukturen (trotz großer Gelenkigkeit?!) und Ignoranz gegenüber westlichen reflektorischen Errungenschaften, machen dabei blind für solche Einsichten. Das Problem liegt außerdem darin, dass die yogischen Erklärungsmodelle, ihre auf Metaphysik gestützten theoretischen Modelle und Traditionen zwar zur Zeit Ihrer Entstehung stimmig waren, sie es aber in der heutigen Zeit nicht mehr sind. Nicht nur weil die Erklärungsversuche heutigen Diskursen nicht standhalten, sondern z.B. auch weil sie damals einfach nicht in der Lage waren intersubjektive Einflüsse zu berücksichtigen und stattdessen subjektiven Erfahrungen absolute Gültigkeit beimaßen. Für das menschliche Bewusstsein so bedeutende Erkenntnisdisziplinen wie die Psychoanalyse und der Entwicklungsstrukturalismus sind gerade erst einmal 100 Jahre alt, wohingegen die Praxis der Innenschau schon seit Jahrtausenden tradiert wird, weshalb man in den Traditionen von Ersterem nur wenig findet, und auch finden kann [49]. Indem unreflektiert diesen alten Modellen gefolgt wird, werden modernen Praktizierenden der Innenschau unreflektiert die archaischen, magischen, mythischen Inhalte der Traditionen als „zeitlos gültige“ Wahrheiten mit übermittelt, was einer der Gründe dafür ist, warum die kontemplativen Traditionen allgemein, einschließlich ihres ungemein wertvollen phänomenologischen Erbens, von den modernen Wissenschaften auf dem Müllhaufen der Erkenntnisgeschichte geworfen werden [49]. Das Problem dabei ist, dass der heutige Yogapraktiker diese Infizierung des Bewusstseins durch die frühen intersubjektiven Inhalte der Lehre auch durch noch soviel Innenschau und yogische Praktiken nicht erkennen kann. Es ist ja gerade eine der großen Schwachpunkte der alten Lehren, dass sie damals noch nicht verstehen konnten, dass die Subjekterfahrungen der Yogis keine Wahrheiten per se sind, sondern zum großen Teil von kollektiv intersubjektiven und individuell psychodynamischen Inhalten bestimmt wurden.
Dies lässt im Praktizierenden teilweise innere tiefe Erfahrungen mit nicht mehr passenden Bezugsrahmen entstehen. Diese im Praktizierenden entstehende Zerrissenheit führt zu zwangsläufig reduktionistischen, blickverengenden Haltungen, die ihn bedauerlicherweise in vielen seiner anderen Entwicklungslininen sogar behindern, anstatt zu unterstützen. Nötig wäre hier meist keine große Änderung der jeweiligen Praktiken, sondern eine Ergänzung der alten Lehren und eine Relativierung der monopolistischen Bezugsrahmen der alten Traditionen und Integration in die differenzierteren, integrierteren, umfassenderen d.h. weiter entwickelten der Postmoderne. Dies würde auch die kostbaren Schätze dieser Tradition viel deutlicher in den Vordergrund bringen und tatsächlich eine gesunde, adäquate Integration für den Praktizierenden ermöglichen.
In der Osteopathie gestaltet sich dies ähnlich, wenn auch weniger extrem, in Fällen in denen die Osteopathie ausschließlich als eine Art Offenbarungslehre verstanden wird und kultur-, sozial- und wissenschaftshistorische Bedingtheiten im Entstehungsprozess der Osteopathie nicht berücksichtigt werden [50]. So verschließt man sich nicht nur evolutionären Potenzialen, sondern mindert auch mögliche tiefere Heilimpulse in der Behandlung. Der reflektierende Umgang mit der eigenen „kulturellen Geschichte“ mit ihren bewussten und unbewussten Hintergründen wird oft unterschätzt, weil er einfach nicht direkt „gesehen“, sondern nur durch hermeneutische und strukturelle Vorgehen erkannt werden kann [51]. Eine hermeneutische Abgleichung könnte zum Beispiel untersuchen, welche Assoziationen, Deutungen bei verschiedenen Osteopathen bei bestimmten subjektiven Palpationen von Gewebequalitäten auftreten. Eine strukturelle Untersuchung könnte sich z.B. der Erkennung wiederkehrender Muster in unserer Palpation widmen.
Abgesehen davon, darf nicht vergessen werden, dass Stills Begrifflichkeiten (wie z.B. material body, spiritual body, body of mind) heute u.U. ganz anders gedeutet werden, als Still diese verstanden hat [52-55].
Grundhaltung und Ausrichtung im Yoga und in der Osteopathie
Wir suchen ständig nach dem ultimativen Trick, einer einfachen Vorgehensweise, einer „magischen“ Technik, die all unsere Probleme löst. Aber Heilung und Wachstum funktionieren nicht auf diese Art und Weise.
Die Einfachheit liegt jedoch in unserer Grundhaltung: Wir lösen uns von Erwartungen und Vorstellungen, wie sich das innere Wachstum und die Gesundheit in uns präsentieren sollten, beginnen stattdessen jede Yogastunde in einem Zustand des Nichtwissens und lassen offen, wo im Organismus welche Änderung geschieht. Ebenso in der Osteopathie: Der Osteopath ist kein Wunderheiler. Er kann begleiten und Unterstützung anbieten, je nachdem, in wieweit der Patient in der Lage ist, die therapeutischen Impulse zu integrieren.C
Ebenso wie eine Asanapraxis durch Stabilität (Sthira) und Leichtigkeit (Sukha) gekennzeichnet ist [34,35], sind dies auch Qualitäten, die ein Osteopath bei der Behandlung im Patienten fördert.
Allerdings scheinen fast alle Medizinsysteme, so auch die Osteopathie, dadurch gekennzeichnet zu sein, dass nicht selten kurzfristige Beschwerdefreiheit (z.B. durch osteopathische Manipulation) auf Kosten von Erkenntnisgewinn der Zusammenhänge zwischen Krankheitssymptomen und eigenem Lebenszusammenhang erlangt wird. Es ist die Freiheit des Patienten zu entscheiden. Hier kann der Osteopathie nicht grundsätzlich ein Vorwurf gemacht werden, solange sie dem Patienten die Entscheidungsmöglichkeit aufzeigt. Werden allerdings mögliche emotionale Wunden in einer somatischen Dysfunktion weder erkannt noch im Lösungsprozess der Dysfunktion berücksichtigt, führt die Behandlung nur zur translativen Kompensation. Dies kann nötig werden, z.B. um einen Zusammenbruch im physischen zu verhindern, kann aber gleichzeitig auch transformative Prozesse verhindern, zumindest bis zur nächsten Phase der Instabilität oder Symptomentstehung. Auf der anderen Seite besteht auch die Möglichkeit, dass der Patient die in der beschwerdefreien Zeit gewonnene Energie nutzt, um transformative Prozesse zu unterstützen [48].
Im Yoga ebenso wie in der Osteopathie die Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Lösen von Blockaden oder Stärken von Schwächen zu richten, birgt die Gefahr, dass wir nur immer mehr Negatives finden und uns damit beschäftigen.
Deshalb findet im Yoga wie auch in der Osteopathie eine Ausrichtung auf eine Vision oder ein Ziel statt, das für uns Sinn macht und Motivation gibt, vielleicht auch auf etwas Größeres als uns selbst. Diese Ausrichtung kann z.B. im Yoga auf das Fließen in und um uns herum, auf das Gewahrsein jeden Augenblicks, auf die Vereinigung des kleinen Ich mit der Unendlichkeit oder auf eine unkonditionierte Form des Mitgefühls und der Freude gerichtet sein. Der Osteopath stellt in der Behandlung eine Resonanz zu den homöostatischen Kräften bzw. zur Gesundheit oder zum Fließen im Patienten her. Auch gibt es Behandlungsansätze, in denen die Aufmerksamkeit des Osteopathen während der Behandlung z.B. in die Weite schweift oder in der Unendlichkeit ruht.
Stille im Konzept der Osteopathie und des Yoga
Stille ist in der Osteopathie [36–38] wie im Yoga ein wichtiger Aspekt [39]. Im Zustand der Stille kann sich eine Palpation ohne vorgefasste Meinung entwickeln, indem sich der Osteopath wie ein „leeres Gefäß“ von den Eindrücken des Patienten berühren lässt. Zu berühren heißt für einen Osteopathen, zuzuhören, einfach da zu sein, mit sanfter Aufmerksamkeit auf den Moment zu warten, bis das Gewebe zu ihm spricht, und seine ihm eigene Geschichte verstehen zu lernen. Essenziell ist dabei die Fähigkeit des Therapeuten, einen Zustand der Stille einzunehmen bzw. für die Stille empfänglich zu sein. Je höher der Entwicklungsgrad des Bewusstseins im Therapeuten ist, desto mehr bzw. tiefer wird er in der Lage sein, sich mit der Stille zu synchronisieren.
Im zweiten Sutra in Patanjalis Sutrensammlung heißt es: Yogascittavrtthinirodhah [39–42]. Hier definiert Patanjali sein Verständnis von Yoga: die Erlangung der Fähigkeit, sich völlig zu fokussieren und in dieser Ausrichtung ohne Ablenkung zu verweilen, sodass der Geist von einem Zustand der Unruhe und Getriebenheit in einen Zustand der Ruhe, Stille und Klarheit gelangen kann. Diese Definition vermittelt einen Eindruck über die Tiefe der sich eröffneten Stille eines auf diese Weise dekonditionierten Geistes.
Das Ausmaß des Vermögens, Stille erfahren zu können, steht in unmittelbarer Relation zur bewussten Differenzierung, Relativierung und Integration der eigenen sensorischen, mentalen, psychoemotionalen Konditionierungen bzw. einschränkenden Wahrnehmungsmuster. Somit ist es Ausdruck der eigenen Bewusstseinsentwicklung. Die eigene Reifung, unser eigenes inneres Gleichgewicht, die Zentriertheit in der Gegenwart, in der Stille und im „Sein“, die Fähigkeit sich dem Leben zu öffnen (anstatt es zu kontrollieren und manipulieren zu wollen), sich hingeben zu können, der Zugang zur eigenen Verletzlichkeit und Selbstbewusstheit wirkt sich unmittelbar auf die therapeutische Interaktion und auf ein wertungsfreies Palpieren aus.
Die konditionierten Sichtweisen und Einstellungen des Therapeuten können nicht von heute auf morgen willkürlich geändert werden, bedingen aber entscheidend das Ausmaß und die Qualität der Stille, zu der der Therapeut in Kontakt treten kann. Um diese Art von innerer Dekonditionierung zu erlangen, existiert in der Osteopathie allerdings keine methodologische Didaktik.
Hier könnten u.a. Ansätze aus dem Yoga hilfreich sein, um die Kompetenz des Osteopathen zu entwickeln. Alle yogischen Systeme sind genau darauf ausgerichtet, den Wahrnehmenden von verschleiernden konditionierten Sichtweisen zu lösen: in der Erkenntniserlangung im Jnanayoga, in der Fähigkeit der Geisteskontrolle des Rajayoga, in der Hingabe des Bhaktiyoga, wie auch im selbstlosen Dienen und Handeln des Karmayoga. Eine mögliche systematische Methodologie wird z.B. in den Yogasutren von Patanjali dargestellt.
Das alles geht allerdings weit über die rein tägliche Berufspraxis des Osteopathen hinaus: Die Voraussetzung für eine echte Synchronisation mit tieferen Seinsebenen im Anderen setzt ein eigenes authentisches Gewahrsein dieser Ebenen voraus, wobei jeder Lebensaspekt mit eingeschlossen ist (unsere Beziehung und Sichtweisen zu Körper, Lebenspartner, Kinder, Freunde, „Feinde“, Sex, Essen, Urlaub, Geld, Macht etc.). Sicherlich ist dies nicht immer bequem und unter Umständen auch Angst besetzt, da aus dieser Sichtweise eine Trennung zwischen Beruf und Privat nicht besteht. Nicht zuletzt verbergen sich gerade im Privaten viele unserer Schatten. Auf der anderen Seite – haben wir erst einmal begonnen uns hier zu öffnen – wird uns eine weitaus größere Tiefe und Kohärenz als Ressource auch für die therapeutische Interaktion zugänglich und potenziert unser manuelles Handwerkszeug. So eröffnet sich schrittweise ein reiferes(Zeugen-)Bewusstsein – nicht nur im Wachzustand, sondern ebenso im Schlaf und Tiefschlaf – und erwartungslose Offenheit der Stille gegenüber.
Abschließende Gedanken
Auch in der Osteopathie ist das Ziel nicht primär die Erlangung eines symptomfreien Zustandes, sondern das Gesund- oder Heilwerden in Form einer größeren Ordnung oder einer höheren Komplexität (auch wenn dies in Lehre und Praxis bisher nicht immer umgesetzt wird). Die englischen Begriffe health (Gesundheit), healing (Heilung) und wholeness (Ganzheit) haben ihre sprachliche Wurzel in dem Begriff „haelan“, auf den auch das deutsche Wort Heilung zurückzuführen ist. Diese Bedeutungszusammenhänge zeigen Berührungspunkte auf, in dem sich die Osteopathie als ein medizinisches Behandlungssystem und das Yoga als ein primäres Selbsterfahrungssystem sich treffen und gegenseitig befruchten könnten. Beide, Osteopathie wie auch Yoga – aus zum Teil unterschiedlichen Gründen – benötigen jedoch, wie oben ansatzweise dargestellt, notwendige neue Bezugsrahmen und Ergänzungen um in der Gegenwart, in der Postmoderne anzukommen und ihr jeweiliges Potenzial weiter zu entwickeln.
Literatur
1 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 87–115
2 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 135–140
3 Nathanielsz PW (1999) Life in the womb: The origin of health and disease. Ithaca, N.Y.: Promethean Press
4 www.birthworks.org/site/primal-health-research/databank-keywords.html ##unter diesem Pfad komme ich zu keiner Literaturstelle## ((Die gesamte Literatur, die dort angegeben wird , behandelt die Thematik))
5 Infante-Rivard C, Sinnett D (1999) Preconceptional paternal exposure to pesticides and increased risk of childhood leukemia. Lancet 354:1819
- Dimich-Ward H, Hertzman C et al. (1998) Reproductive effects of paternal exposure to chlorophenate wood preservatives in the sawmill industry. Scand J Work Environ Health 24(5):416
7 Nelson BK, Moorman WL, Shrader SM (1996) Review of experimental male-mediated behavioral and neurochemical disorders. Neurotoxicol Teratol 18(6):611–16
8 Alaluusua S, Lukinmaa P-L et al. (1993) Exposure to 2,3,7,8-tetrachlorodibenzo-para-dioxin leads to defective dentin formation and pulpal perforation in rat incisor tooth. Toxicology 8:1–13
9 Alaluusua S, Lukinmaa P-L et al. (1999) Developing teeth as biomarker of dioxin exposure. Lancet 353:206
- Garcia-Rodriguez J, Garcia-Martin M et al. (1996) Exposure to pesticides and cryptorchidism: geographical evidence of a possible association. Environ Health Perspect 104:394–99
11 Paulozzi LJ, Erickson D, Jackson RJ. (1997) Hypospadias trends in two US surveillance systems. Pediatrics; 100: 831
12 Forman D, Moller H. (1994) Testicular cancer. Cancer Surv 19–20:323–41
13 Auger J, Kunstmann JM, Czyglik F, Jouannet P (1995) Decline in semen quality among fertile men in Paris during the past 20 years. N Engl J Med; 332:281–5
14 Mizuno R. (2000) The male/female ratio of fetal deaths and births in Japan. Lancet 356:738–39
15 Davis DL, Gottlieb MB, Stampnitzky JR (1998) Reduced ratio of male to female births in several industrial countries. A sentinel health indicator? JAMA 279:1018–1023
16 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 64–86
17 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 51–63
18 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 203ff
19 Muktiodhananda (1998) Hatha Yoga Pradipika. Bihar: Yoga publications Trust, 26
20 Muktiodhananda (1998) Hatha Yoga Pradipika. Bihar: Yoga publications Trust, 20
21 Yogi Hari (2007) Hatha Yoga Pradipika. Petersburg: Via Nova, 22f.
22 Svatmarama (2007) Hatha-Yoga Pradibika. Neuenkirchen: Phänomenverlag, 37
23 Yogi Hari (2007) Hatha Yoga Pradipika. Petersburg: Via Nova, 47–62
24 Desikachar TKV (2003) Über Freiheit und Meditation – das Yogasutra des Patanjali. Petersburg: Via Nova, 78–98
25 Wilber K (2001) Integrale Psychologie. Freiamt: Arbor, 45ff.
26 Piaget J, Fatke R, Kober H (2003) Meine Theorien der geistigen Entwicklung. Weinheim: Beltz
27 Piaget J (2002) Das Weltbild des Kindes. Stuttgart: Klett Cotta
28 Ginsburg HP, Opper S, Kober H (2004) Piagets Theorie der geistigen Entwicklung. Stuttgart: Klett Cotta
29 Beck E, Cowan CC (2007) Spiral Dynamics – Leadership, Werte und Wandel: Eine Landkarte für das Business, Politik und Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Bielefeld: J. Kamphausen
30 Goleman D (1997) Emotionale Intelligenz. München: DTV
31 Maslow AH (2002) Motivation und Persönlichkeit. Reinbek: Rowohlt
32 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 11
33 Boss M (1999) Grundriss der Medizin und Psychologie, 3. Aufl. Bern: Hans Huber, 237–314
34 Woods JH (2007) The Yoga-System of Patanjali. The Harvard oriental series, Vol. 17. Dehli: Motilal Banarsidass Publishers, 141
35 Veda Bharati (2004) Yoga Sutras of Patanjali with the exposition of Vyasa, Vol 2: Sadhana pada. Dehli: Motilal Banarsidass Publishers, 568
36 Liem T (1998) Praktisches Lehrbuch der kraniosakralen Osteopathie, 4. Aufl. Stuttgart: Hippokrates, 370–371
37 Becker RE (2000) ((Bitte Titel des Beitrags ergänzen, Das ist sein Buch Brooks ist nur Herausgeber)) In: Brooks RE (Hrsg.) The stillness of life. Portland: Stillness Press, 66–71
38 Sutherland WG (1991) Teachings in the Science of Osteopathy. Sutherland Cranial Teaching Foundation, 16, 285 ((Was bedeuten die Zahlen, verweisen Sie auf 2 Beiträge in einem Gesamtwerk? Wo ist das Buch erschienen, Rudra Press? Dass war die Vorausgabe, bevor es bei Rudra erschienen war. Habe die neue leider nicht. Die zwei Seitenanzahlen beziehen sich auf obenes Thema))
39 Woods JH (2007) The Yoga-System of Patanjali. The Harvard oriental series, Vol. 17. Dehli: Motilal Banarsidass Publishers, 8f.
40 Desikachar TKV, Krusche H (2007) Das verborgene Wissen bei Freud und Patanjali. Stuttgart: Theseus, 44ff.
41 Veda Bharati (1986) Yoga – Sutras of Patanjali with the exposition of Vyasa, Vol. 1: Samadhi-pada. Pennsylvania: Himalayan publishers, 93–113
42 Feuerstein G (1989) The Yoga-Sutra of Patanjali. A new translation and commentary. Vermont: Inner Traditions International, 26ff.; Bouanchaud B (1997) The essence of Yoga. Dehli, Sri Satguru Publications, 5
43 Morris DB (2000) Krankheit und Kultur. Plädoyer für ein neues Körperverständnis. München: Kunstmann, 76
44 Keleman S (1992) Verkörperte Gefühle. München: Kösel
45 Kurtz R, Prestera H (1979) Botschaften des Körpers. München: Kösel
46 Latey P (1996) Feelings, muscles and movement. J Bodywork Movement Therapies 1(1):44–52
47 Feuerstein G (2008) Die Yoga-Tradition. Wiggensbach: Yogaverlag, 612
48 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 18
49 Persönliche Kommunikation mit Michael Habecker 10/2008
50 Liem T (2008) Entwicklundsdynamische und ganzheitliche Prinzipien und ihre Bedeutung für die Osteopathie. In: Liem T, Sommerfeld P, Wührl, P (Hrsg) Theorien osteopathischen Denkens und Handelns, Stuttgart. Hippokrates, 7
51 Liem T (2006) Morphodynamik in der Osteopathie. Stuttgart: Hippokrates, 250
52 Still AT (1986) Philosophy and Mechanical Principles of Osteopathy. Hudson Kimberly Kansas 1902. Nachdruck bei Osteopathic Enterprise Kirksville,16f
53 Stark J (2003) Still’s Fascia. A qualitative investigation to enrich the meaning behind Andrew Taylor Still’s concepts of fascia. Toronto: Thesis, Canadian College of Osteopathy
54 Townbridge C (1991) Andrew Taylor Still: 1828-1917. Kirksville: Thomas Jefferson UP, 161
55 Dippon M (2005) Das holistische Menschenbild von A.T. Still: „Man is a Triune“. Eine Untersuchung des Ursprungs von „man is triune. Esslingen: These, SKOM