Das Dry Needling (trockenes Nadeln) ist eine spezielle Akupunkturtechnik zur Behandlung myofaszialer (muskulärer und faszialer) Triggerpunkte. Das Wirkprinzip beruht auf dem Stich direkt in den Triggerpunkt (Lewit 1979). Es gibt zwei verschiedene Formen vom Dry Needling. In diesem Artikel möchten wir uns auf die sog. intramuskulären Stimulation (IMS) konzentrieren, bei der die Nadel direkt in den myofaszialen Triggerpunkt gestochen wird. Der Unterschied zur klassischen Akupunktur besteht darin, dass die Nadeln direkt in den myofaszialen Triggerpunkt gestochen werden und nicht in die Qi-regulierenden Meridiane.
Wirkungsweise
Durch die Entwicklung eines mikroanalytischen Systems, welches das biochemische Milieu des menschlichen Muskels messen kann, wurden neue Erkenntnisse zum Verständnis über die Mechanismen von langanhaltendem Muskelschmerz möglich. So konnten Shah et. al zeigen, dass bei triggerpunkt-ausgelösten Nackenschmerzen die Konzentrationen von Protonen, Bradykinin, Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), Substanz P, Tumor-Nekrose-Faktor-α, Interleukin-1β, Serotonin und Noradrenalin signifikant erhöht sind sowie der pH-Wert erniedrigt im Vergleich zu Patienten ohne Schmerzen (Shah et al 2005).
Bei intramuskulärer Stimulation mittels Dry Needling kommt es im Umkehrschluss zu einer Normalisierung des lokalen biochemischen Milieus des myofaszialen Triggerpunkts (Shah et al 2008).
Wirksamkeit/Effizienz
In einer aktuellen Studie konnte der schmerzlindernde Effekt von Dry Needling in die Triggerpunkte des M. sternocleidomastoideus bei Migränepatienten gezeigt werden. Die Kopfschmerzhäufigkeit, die Kopfschmerzintensität und die Kopfschmerzdauer konnten durch drei Sitzungen signifikant verringert werden (Rezaeian et al 2020).
Eine andere systematische Übersichtsarbeit untersuchte die Wirksamkeit von der Dry Needling Technik bei der Behandlung von Spastizität bei Personen mit Schlaganfall. Insgesamt wurden die Daten von 221 Patienten ausgewertet und es wurde eine signifikante Abnahme der Spastik beobachtet, obwohl die Sicherheit der Evidenz gering war (Núñez-Cortés et al 2020). Dies konnte in einem weiteren systematischen Review aus dem Jahr 2021 untermauert werden. Die Autoren untersuchten die Wirksamkeit von Dry Needling auf Spastizität und das Bewegungsausmaß und fanden eine starke Evidenz für die Effizienz dieses Verfahrens (Bynum et al 2021).
Literaturverzeichnis
Bynum R, Garcia O, Herbst E, et al. Effects of Dry Needling on Spasticity and Range of Motion: A Systematic Review. Am J Occup Ther. 2021;75(1):7501205030p1-7501205030p13
Lewit K. The needle effect in the relief of myofascial pain. Pain. 1979;6(1):83-90
Núñez-Cortés R, Cruz-Montecinos C, Latorre-García R, et al. Effectiveness of Dry Needling in the Management of Spasticity in Patients Post Stroke. J Stroke Cerebrovasc Dis. 2020;29(11):105236
Rezaeian T, Mosallanezhad Z, Nourbakhsh MR, et al. Effects of Dry Needling Technique into Trigger Points of the Sternocleidomastoid Muscle in Migraine Headache: A Randomized Controlled Trial. Am J Phys Med Rehabil. 2020;99(12):1129-1137
Shah JP, Gilliams EA. Uncovering the biochemical milieu of myofascial trigger points using in vivo microdialysis: An application of muscle pain concepts to myofascial pain syndrome. J Bodyw Mov Ther. 2008;12(4):371-384
Shah JP, Phillips TM, Danoff J V., et al. An in vivo microanalytical technique for measuring the local biochemical milieu of human skeletal muscle. J Appl Physiol. 2005;99(5):1977-1984